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Trainer des MSV Pampow im Interview Als Ricardo Hagedorns Herz für 28 Minuten still stand

Von Hans-Georg Taken | 18.04.2023, 18:13 Uhr

Der Fußball ist Ricardo Hagedorns Leben, doch das hing an einem seidenen Faden.

Seit drei Wochen ist Ricardo Hagedorn sportlicher Leiter und Trainer der Fußball-Oberligamannschaft des MSV Pampow. Hagedorn ist gebürtiger Crivitzer und wohnt mit Partnerin und achtjähriger Tochter in Wöbbelin. Im SVZ-Interview spricht der 39-Jährige über seine Jobs beim MSV, über das Szenario Oberliga-Abstieg und auch darüber, dass er froh ist, überhaupt noch seine große Leidenschaft Fußball ausleben zu können. Vor elf Jahren ist er dem Tod nur mit ganz viel Glück und der Hilfe seiner Mutter knapp entkommen. 

Herr Hagedorn, Glückwunsch zum ersten Oberliga-Sieg in Ihrer Trainerlaufbahn, denn am vergangenen Spieltag haben Sie mit dem MSV Pampow 3:0 gegen Optik Rathenow gewonnen. Wie ging es Ihnen nach dieser Partie? 

Das war ein hervorragendes und befreiendes Gefühl für mich. Vor allen Dingen habe ich mich aber auch für die Spieler gefreut, dass sie sich endlich mal wieder für ihre harte Trainingsarbeit belohnen konnten. 

Für Sie war es seit Ihrem Amtsantritt das zweite Spiel für den MSV als Coach. Für die Kicker sind Sie in dieser Saison nach Ronny Stamer, Matthew Okoh und Tommy Bastian aber bereits der vierte Trainer.

Das stimmt. Als ich kam, haben die Spieler erst einmal geschaut, wer das da ist und was er von ihnen möchte. Ich habe mir vorher natürlich ein paar Infos über die Spieler eingeholt, um auch persönlichere Ansprachen halten zu können. 

Ein Team, das auf dem letzten Tabellenplatz in der Fußball-Oberliga steht zu motivieren, das ist bestimmt nicht so einfach. Oder?

Ich habe den Spielern gesagt, dass wir positiv nach vorne schauen und noch etwas erreichen wollen. Jetzt ist es meine Aufgabe, diese Worte mit Leben zu füllen. Die Mannschaft und die drei Co-Trainer haben mich gleich gut aufgenommen und mir das Gefühl gegeben, dass ich mich hier entfalten kann.

In der aktuellen Saison könnte es durchaus sein, dass bis zu sechs Mannschaften absteigen müssen. Ihr Rückstand auf den dann rettenden 12. Platz beträgt derzeit 16 Punkte bei nur noch sieben zu spielenden Partien. Die Chance auf den Klassenerhalt ist nur wenig realistisch. 

Ja, aber wir sollten sie so lange als realistisch ansehen, wie sie rechnerisch möglich ist. So lange versuchen wir alles dafür zu tun, dass wir drin bleiben.

Ein Abstieg nach vier Jahren Oberliga in die Verbandsliga. Was bedeutet das für den MSV Pampow?

Der Verein hat den Anspruch, in der Oberliga zu spielen. Jetzt war es für uns eine Seuchensaison mit vielen Verletzungen und auch den vielen Trainern, wobei mit Stamer und Bastian zwei von ihnen ja auch aus gesundheitlichen Gründen von ihrem Amt zurückgetreten sind. Da trifft den Verein keine Schuld. Die Spielklasse könnte sich nun zwar verändern, aber für uns ändert sich nichts daran, dass wir als spielstarke Mannschaft wahrgenommen werden wollen. Und das versuchen wir ligaunabhängig zu entwickeln.

Bedeutet, dass Sie als Trainer auch in der Verbandsliga weitermachen wollen?

Das ist richtig. Ich freue mich, dass ich jetzt Oberliga-Trainer bin, gehe mit der Mannschaft aber auch in die Verbandsliga, denn in diesen beiden Bereichen sehe ich mich auch als B-Lizenz-Trainer.

Die Planungen für eine kommende Saison laufen bereits. Wie hart könnte der Umbruch in Reihen der Spieler werden?

Ich erwarte nicht, dass alle Spieler hier gleich abhauen. Ganz im Gegenteil. Es gibt schon Spieler, die fest zugesagt haben, bei uns bleiben zu wollen. Wer das ist, darüber möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sprechen. Wir werden, da bin ich mir ganz sicher, ein gutes Grundgerüst behalten können und wollen noch gute Leute dazu holen.  

Egal ob Oberliga- oder Verbandsliga: Der Stresspegel für einen Trainer ist auch im Amateurbereich hoch. Sie haben schon mal in einem SVZ-Artikel erzählt, dass Sie gesundheitlich schwer angeschlagen waren und 2012 nur knapp dem Tod entgangen sind.

Ich habe seit der Geburt einen Herzfehler, der operiert wurde. Eigentlich war alles in Ordnung und ich werde zweimal im Jahr durchgecheckt. Als ich 28 Jahre alt war, da hatte ich dann plötzlich, ausgelöst durch eine Herz-Rhythmus-Störung, einen Herzstillstand. Ich war insgesamt 28 Minuten ohne Puls. Meine Mutter, eine gelernte Altenpflegerin, hat mir das Leben auf einem Einkaufsmarkt-Parkplatz in Parchim gerettet. Sie hat durchgängig Herz-Rhythmus-Massagen gemacht, bis der Notarzt nach etwa 25 Minuten kam. Ihrem Einsatz habe ich es auch zu verdanken, dass ich entgegen aller Prognosen keine geistigen Schäden davongetragen habe. Danach war ich für zwölf Tage im künstlichen Koma.

Was löst solch eine Zeit in einem aus?  

Ich habe mir schon gedacht, was denn jetzt aus mir werden soll als Mann mit Ende 20. Ich bin gelernter Einzelhandelskaufmann und habe auch eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer. Nach dem Vorfall habe ich versucht, zurück ins Berufsleben zu kommen. Nach mehreren Eingliederungsmaßnahmen haben Krankenkasse und Rentenversicherung vor zehn Jahren beschlossen, dass ich den Status eines Erwerbsunfähigkeitsrentners bekomme.

Ob als Jugend-Coach, Senioren-Trainer oder als Werder Bremen-Fan: Der Sport war immer Ihre große Leidenschaft. Hilft Ihnen das heute?

Ungemein, denn ich kann mich hier beim MSV Pampow als sportlicher Leiter auf administrativer Ebene und als Trainer einbringen. Das ist für mich positiver Stress. Zudem bin ich vier Wochen im Jahr im Einsatz als DFB-Mobil-Teamer und leite in der Grundschule Wöbbelin eine Handball- und eine Fußball-AG.

Zurück zum Oberligafußball. Am kommenden Sonntag gastieren Sie mit Ihrer Mannschaft beim Überraschungszweiten der Liga, TuS Makkabi Berlin. Es gibt leichtere Aufgaben.

Bestimmt. Aber wir haben nichts zu verlieren. 

Fußball-Oberliga am Wochenende

In der Fußball-Oberliga muss der MSV Pampow am Sonntag, 23. April, um 14 Uhr bei TuS Makkabi Berlin ran. Ebenfalls am Sonntag um 14 Uhr gastiert der FC Mecklenburg Schwerin beim CFC Hertha 06 in der Bundeshauptstadt. Bereits am Sonnabend, 22. April, empfängt die SG Dynamo Schwerin um 14 Uhr die Mannschaft von der TSG Neustrelitz.

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