Lebendige Tradition:
Immaterielles Kulturerbe aus MV
Vorschläge für bundesweites Verzeichnis liegen vor
von zvs
05. Januar 2018, 12:00 Uhr
Das Nutzen der Zeesboote in der Boddenlandschaft, das Bemalen der Holztüren auf dem Darß und das Mecklenburger Alphorn – das sind einige der Vorschläge, die in der dritten Bewerbungsrunde für die Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der Unesco ins Rennen geschickt werden. Insgesamt liegen bislang sieben Anträge im Kultusministerium vor. Bis Mitte April müssen die Länder eine Vorauswahl treffen und die Vorschläge an die Kultusministerkonferenz (KMK) übermitteln. Die Vorauswahl trifft hierzulande der Landeskulturrat.
„Unsere Kultur, Bräuche und traditionelles Handwerk prägen unser Land und sind sehr vielfältig. Darauf dürfen wir durchaus stolz sein“, betonte Kulturministerin Birgit Hesse (SPD). „Ich danke allen Initiativen, Vereinen und Verbänden, die sich am dritten Bewerbungszyklus beteiligt haben. Ich würde mich freuen, wenn sich die Anträge im Expertenkomitee der Kultusministerkonferenz durchsetzen“, sagte Hesse. Dies sei keine einfache Aufgabe.
Alle Bundesländer dürfen jeweils vier Vorschläge unterbreiten. Dazu kommen vier weitere Vorschläge, die für den Fall greifen, dass andere Bundesländer ihr Kontingent nicht ausschöpfen. Die Vorschläge der Länder werden dann von dem durch die Deutsche Unesco-Kommission einberufenen Expertenkomitee bewertet. Die Kultusministerkonferenz und die Bundesregierung treffen Ende 2018 eine abschließende Entscheidung über die Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis.
Zum immateriellen Kulturerbe zählen regional verankerte Bräuche, Rituale, Feste, Lieder, Musiktraditionen, Theater und Tänze, Wissen und Praktiken im Umgang mit der Natur und dem Universum sowie traditionelle Handwerkstechniken und Handwerkstraditionen. Beim ersten Bewerbungsverfahren im Dezember 2014 wurden aus MV das Reetdachdecker-Handwerk und das Malchower Volksfest in das bundesweite Verzeichnis für das immaterielle Kulturerbe aufgenommen. Im zweiten Bewerbungszyklus folgten 2016 das Barther Kinderfest und das Darßer Tonnenabschlagen.
Ins internationale Verzeichnis schaffte es im letzten Jahr der Orgelbau und die Orgelmusik in Deutschland, genauso wie die die kubanische Musik Punto, das Shital-Pati-Weben aus Bangladesch und der Zaouli-Tanz von der Elfenbeinküste.
Die Vorschläge aus MV:
Foto: Touristinfo Prerow
Darßer Holztüren
Die abgeschiedene Insellage von Fischland-Darß-Zingst und der sehr hohe Anteil der seemännischen Bevölkerung haben die Herausbildung und Entwicklung einer eigenen Bau- und Wohnkultur begünstigt. Die kunsthandwerkliche Fertigung von Haustüren, die mit Schnitzereien verziert sind, hat auf der Halbinsel Darß eine lange Tradition.
Foto: dpa
Wallensteintage
Die Wallensteintage in der Hansestadt Stralsund sind ein jährlich über mehrere Tage stattfindendes historisches Volksfest. An vier Tagen im Juli wird der Abwehr der Belagerung der Hansestadt Stralsund durch den kaiserlichen Feldherrn Wallenstein und seine Truppen im Jahr 1628 gedacht.
Foto: Wolfgang Langenstrassen
Martensmann
Seit Jahrhunderten hat sich die Tradition bewahrt, dass die Herzöge von Mecklenburg-Schwerin alljährlich am Martinstag aus Lübeck ein Fass Rotwein (145,5 Liter) erhielten. Die Fahrt erfolgte nach einem festen Fahr- und Zeitplan von Lübeck über Schönberg und Rehna bis in die fürstliche Residenz nach Schwerin.
Foto: TV FDZ
Zeesboote
Einst tummelten sich Hunderte der traditionellen Zeesenboote auf den Gewässern. Pommersche Fischer hatten auf dem flachen Usedomer See und dem Haff besonders leichte Fangboote entwickelt, die ihre Netze vom Wind getrieben durch das seichte Wasser zogen, was man Zeesen nannte. Zeesboote sind unvergleichliche Zeugen einer vergangenen Fischereitradition.
Foto: Jens Büttner
Ziegelei-Handwerk
Mecklenburg-Vorpommern ist ein Backsteinland, die roten Ziegel prägen Städte und Dörfer. Darunter sind großartige Bauwerke, die schon Hunderte von Jahren überstanden haben. Die Kunst des Ziegelbrennens kam um 1250 mit den Mönchen aus der Lombardei nach Norddeutschland, es entstanden die ersten Klöster und Kirchen aus Backstein. Die Kunst des Ziegelmachens ist aber sehr viel älter und führt zurück in die Anfänge menschlicher Zivilisation.
Foto: Jens Büttner
Mecklenburger Alphorn
Das Mecklenburger Alphorn ist einmalig: 1820 erlebte Fritz Reuter als Kind das Mecklenburger Alphorn in Stavenhagen und hat es 1865 in „Meine Vaterstadt Stavenhagen“ in Hochdeutsch genau beschrieben. Die Alphorngemeinschaft in Witzin hat dieses Horn originalgetreu nachgebaut, eine Gruppe und ein Orchester für Alphornbläser in Mecklenburg gegründet, Geschichtsforschung zum Alphorn in Mecklenburg-Vorpommern betrieben, die traditionelle Bauweise und die Tonlagen (Musik) wurden extra dafür entwickelt, aufgearbeitet und werden gepflegt.
Foto: Colorbox
Treckfiedel
Das Spiel auf der diatonischen Handharmonika gehört seit den 1860er-Jahren zu den stilprägenden Praktiken in der Ausübung instrumentaler Volksmusik in Mecklenburg und Vorpommern. Die Bezeichnungen der diatonischen Handharmonika sind „Treckfiedel“, „Ziehharmonika“, „Harmonika“ oder nur „Monika“, „diatonisches Knopfakkordeon“, „Quetschkommode“ oder nur „Quetsche“. Das relativ kleine Instrument eroberte schnell die Dorf-Tanzsäle und bildete den musikalischen Hintergrund gemeinschaftlicher Unterhaltung.
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