Fragen und Antworten : Themen des G20-Gipfels: Zwei Tage für die Krisen dieser Welt
Eigentlich will G20-Gastgeber Deutschland die Top-Mächte für mehr Investitionen in Afrika gewinnen, den Kampf gegen den Klimawandel stärken, die Flüchtlingskrise eindämmen oder die Wirtschaft robuster aufstellen. Aber wird die Tagesordnung von anderen bestimmt?
Mehr als 19.000 Polizisten sollen den G20-Gipfel am 7. und 8. Juli in Hamburg gegen gewaltbereite Demonstranten und Anschläge schützen. Schließlich nehmen an dem Treffen der Top-Wirtschaftsmächte auch Staats- und Regierungschefs teil, die Reizfiguren für Demonstranten sind: US-Präsident Donald Trump, sein russischer Kollege Wladimir Putin oder der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die politischen Konflikte werden den zweitägigen Gipfel in der Geburtsstadt von Kanzlerin Angela Merkel überlagern. Gastgeber Deutschland hat es schwer, seine Ziele zu erreichen:
Das dürfte das Treffen von Trump und Putin am Freitag sein. Es ist das erste direkte Gespräch Trumps als Staatschef mit dem Kremlchef. In Washington ist man alles andere als entspannt - wegen der Ermittlungen zur möglichen russischen Beeinflussung der US-Wahl, aber auch wegen der Krisen in Syrien, der Ukraine und der Debatte um Rüstungskontrolle. Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, dass er den unter Vorgänger Barack Obama entstandenen Schaden in den Beziehungen zu Moskau beseitigen wolle. Und auch Putin hatte sich zuletzt für eine Normalisierung der Beziehungen ausgesprochen.
Nicht nur Russland und die USA suchen eine Annäherung im Syrien- und Ukraine-Konflikt. Es geht auch um den Kampf gegen die Terrormiliz IS und Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm. Kurz vor dem Gipfel demonstrierte die Diktatur in Pjöngjang militärische Stärke und startete eine Interkontinentalrakete. Die USA, die wollen, dass China den Druck auf Nordkorea erhöht, sind zunehmend frustriert. Trump schließt eine militärische Option nicht aus, die aber einen verheerenden Gegenschlag auf Seoul auslösen könnte. Südkoreas neuer Präsident kommt ebenso nach Hamburg wie Chinas Staatschef.
Das ist anzunehmen - sind doch einige maßgebliche Kräfte des Konflikts in Hamburg dabei. Allerdings hat der saudische König Salman wegen der Katar-Krise seine Teilnahme am Gipfel abgesagt. Saudi-Arabien hat zusammen mit anderen arabischen Ländern Katar isoliert. Sie werfen dem Land vor, Extremisten zu unterstützen, was das Golf-Emirat zurückweist. Die Türkei wiederum unterstützt Katar.
Merkel erwartet schwierige Gespräche zum Klimaschutz und Freihandel. Nach dem angekündigten Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen könnte der US-Präsident isoliert dastehen. Es wird erwartet, dass sich die anderen zur Umsetzung der Ziele bekennen. Aber wie stark der Schulterschluss erfolgt, scheint offen. Eine G20-Erklärung wird einstimmig verabschiedet. Merkel selbst aber rechnet nicht damit, dass die G20 am Ende in allen Fragen eine gemeinsame Position haben werden. Kurz vor dem Gipfel wollten Merkel und Trump zusammenkommen, am Montag telefonierten beide über die strittigen Themen.
Entspannung zeichnet sich nicht ab. Merkel hofft auf ein G20-Signal für freie Märkte, gegen Abschottung und für Multilateralismus. Zwar hat die G7-Gruppe der führenden westlichen Industrieländer im Mai in Taormina Trump noch zu einem Bekenntnis gegen Protektionismus und für freien Handel bewegen können. Aber die USA könnten letztlich wieder hinter ihr G7-Bekenntnis von Taormina zurückfallen.
Die USA halten an Dumpingvorwürfen gegen Stahllieferanten fest. Vor allem chinesische Stahlhersteller stehen am Pranger - allerdings auch bei der EU. Die USA haben zudem deutsche und andere europäische Stahlkocher ins Visier genommen. US-Handelsminister Wilbur Ross hatte Deutschland und Europa mit einer schärferen Gangart gegen als «unfair» eingeschätzte Importe gedroht. Europa und Berlin sind wegen möglicher Strafzölle alarmiert - und wollen notfalls gegenhalten.
Gastgeber Deutschland will die anderen Top-Wirtschaftsmächte für Maßnahmen für eine robustere Wirtschaft gewinnen, ein tragfähiges Schuldenniveau sowie stabile Finanzmärkte. Vorangetrieben werden sollen Maßnahmen gegen Steuertricks globaler Konzerne, ebenso die Regulierung von «Schattenbanken» und «Klimafinanzierung». Inzwischen gibt es Sorgen, dass sich die USA auch aus zentralen Vereinbarungen bei der Kontrolle der Finanzmärkte zurückziehen könnten.
Nachdem die Industrieländer (G7) im Mai keine neuen Finanzzusagen für den Kampf gegen Hungerkrisen im Südsudan, Jemen, in Nigeria und Somalia gemacht hatten, lassen Entwicklungsorganisationen nicht locker: Jeder G20-Staat müsse nach seiner Leistungsfähigkeit helfen. 30 Millionen Menschen sind bedroht. Nach dem UN-Hilfeaufruf für 6,3 Milliarden US-Dollar liegen erst Zusagen über 35 Prozent vor. Deutschland will die G20 zu mehr Investitionen in Afrika über Partnerschaften gewinnen («Compact with Africa»). Dies dürfte am Ende aber nur auf eine freiwillige Vereinbarung hinauslaufen.
Neue Impulse werden kaum erwartet. Schon vor dem G7-Gipfel im Mai in Italien hatte Trump eine Initiative des Gastgebers verhindert, die positiven Aspekte von Migration hervorzuheben. Entwicklungsgruppen fordern von den G20, Flüchtlinge nicht als Bedrohung anzusehen, sondern sich die Vorteile durch Zuwanderung zunutze zu machen.
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