Verkehr : Zweifel am Rufbus als Bahnersatz
Beispiel Salzwedel: Rufbus ersetzt drei Bahn- und mehrere Buslinien und bekommt millionenschwere Sonderförderung
Noch befindet sich die Einführung eines Rufbussystems als Südbahn-Ersatz in der Planungsphase. Als funktionierendes Beispiel führen Befürworter Salzwedel an. Thorsten Hensel, Vorsitzender des Markt- und Gewerbeverein der Gemeinde Trebel im benachbarten Landkreis Lüchow-Dannenberg, meldet in einem Beitrag, den wir nachfolgend drucken, Zweifel an.
„Ein Rufbussystem für abgelegene Regionen ohne Bahnanschluss ist grundsätzlich zu begrüßen, weil dadurch kostengünstig die Grundversorgung der Menschen ohne Auto verbessert wird. Ein Ersatz für eine bestehende Bahnstrecke kann es jedoch nicht sein, weil die Fahrgastzahlen aufgrund des geringeren Fahrkomfort eines Busses – z. B. bei der Radbeförderung – deutlich zurückgehen. Wie immer wieder zu hören ist, sind die Übernachtungen und Tagesausflügler seit der Bahnstilllegung durch die Landesregierung deutlich zurückgegangen.
Doch zurück zum Rufbus: Als Vorbild wird von Verkehrsbetrieb und Landrat der Rufbus des Altmarkkreises Salzwedel genannt. Dieser erhält seit der Stilllegung dreier (!) Bahnlinien vom Land Sachsen-Anhalt eine jährliche Sonderförderung von ca. 1,5 Mio. Euro. Mit diesem Geld konnte ein neues Bussystem mit Rufbus-Zubringerlinien aufgebaut werden. Viel Geld, was dem Landkreis LWL-PCH nicht zur Verfügung steht. Die Fahrgastzahlen beim Altmärker Rufbus konnten in den letzten Jahren auf 90 000 mehr als verdoppelt werden. Dafür gibt es drei Gründe:
1. Beim Start des neuen Systems wurden viele Fahrten aufgrund geringer Nachfrage auf Rufbus umgestellt. Die Fahrgäste des Rufbusses sind früher mit den normalen Bussen gefahren.
2. Aufgrund geringer Fahrgastzahlen wurde der Stadtbus Salzwedel vor einigen Jahren ebenfalls auf Rufbus umgestellt. Dieser wird jährlich von 20 000 Fahrgästen genutzt. Diese sind ebenfalls keine neuen Fahrgäste.
3. Vor mehreren Jahren wurde in Gardelegen ein Stadt-Rufbus eingeführt. Dieser wird jährlich von 9000 Menschen genutzt, die früher mit den „normalen“ Linien gefahren sind.
Insgesamt wird der Rufbus also nur von 60 000 Fahrgästen im Überlandverkehr genutzt. Der Rest sind Stadtfahrten. Die Fahrgastzahlen haben sich insgesamt nicht erhöht, sondern sind nur eine reduzierte Verlagerung bestehender Fahrten. Die vom Landrat und Verkehrsbetrieb geplanten Kosten von 150 000 Euro sind viel zu niedrig angesetzt. Stattdessen ist mit einer Verdreifachung der Kosten zu rechnen. (Anmerkung der Redaktion: Der Landkreis geht von zusätzlichen 800 000 Euro Fördermitteln pro Jahr aus)
Fazit: Der Rufbus wird viel teurer und ist kein Ersatz für die Südbahn. Eine Kombination mit Südbahn als Verkehrsmittel für Schüler, Pendler und Touristen und einem Rufbusverkehr als Zubringer und für die Nebenverkehrsmittel wäre für Landkreis, Bürger und Touristen viel attraktiver und nicht teurer als ein leerer Standardbus und hohe Bereitstellungskosten für den Rufbus. Das Busunternehmen als Profiteur des Bussystems und der Landrat als Bahnhasser werden dieser Aussage widersprechen. Entscheiden werden hoffentlich hellwache Kreistagsabgeordnete.
Die genannten Zahlen wurden übrigens von der Personenverkehrsgesellschaft Altmarkkreis Salzwedel im Rahmen einer Veranstaltung in Lüchow vorgestellt.“

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