Ohne einkommen : Knapp bei Kasse in die Rente
Von der Arbeitslosigkeit in den Ruhestand: Jobcenter-Kunden müssen in der Übergangszeit zwei Monate von Hartz IV leben
Sie solle sich doch ein finanzielles Polster anlegen. Diesen Rat bekam eine Schwerinerin im Jobcenter der Landeshauptstadt. Am 1. März wechselt die dann 63-Jährige vom Hartz-IV-Bezug in die Rente. Das Problem: Die erste Rentenzahlung erfolgt erst Ende März. Anfang Februar bekommt die Schwerinerin zum letzten Mal Hartz IV. „Wie soll ich mit dem Geld zwei Monate auskommen?“, fragt sie.
Etwa 500 Euro hat die noch 62-Jährige im Monat zur Verfügung – aus einem kleinen Job und ergänzender Leistung vom Jobcenter. Mit dem Geld komme sie einen Monat lang gerade so über die Runden, berichtet sie. „Ein finanzielles Polster kann ich mir davon aber auf keinen Fall anlegen.“
Was also tun? „Das Jobcenter kann in solchen Fällen auf Antrag ein Darlehen gewähren“, erklärt der Sprecher des Schweriner Jobcenters, Ronald Wenk. Viele Betroffene scheuten allerdings die Antragstellung, weil das Darlehen selbstverständlich zurückgezahlt werden müsse – von einer Rente, die unter Umständen auch nicht gerade üppig sei. Auch die 62-jährige Schwerinerin möchte nicht mit Schulden in den Ruhestand starten. „Ich hoffe noch auf eine andere Regelung“, sagt sie.
Dass das Jobcenter versucht, Hartz-IV-Bezieher, Arbeitslose oder Aufstocker „in Rente zu schicken“, sobald sich die Möglichkeit bietet, sei durchaus gängige Praxis, schildert Silvia Piechowski vom Schweriner Arbeitslosenverband. Und das Problem, das der Schwerinerin im beschriebenen Fall so großes Kopfzerbrechen bereitet, stelle sich fast jedes Mal. „Es ist bedauerlich, dass Jobcenter-Kunden auf dem Weg in die Rente in diesen finanziellen Engpass gebracht werden“, kritisiert Piechowski. Dabei gäbe es doch eine einfache Lösung: Jobcenter und Rentenkasse müssten sich auf einen einheitlichen Zahlungstermin verständigen.
Kommentar: Unnötige Hängepartie
Wer in Rente geschickt wird, taucht nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik auf, braucht kein Hartz IV mehr. Klar, dass das Jobcenter diesen Weg beschreitet, gesetzlich auf der sicheren Seite. Erwerbslose müssten bei einer vorzeitigen Rente sogar Abschläge akzeptieren, urteilte jüngst das Bundessozialgericht. Schmerzlich für die Betroffenen. Dass freilich bereits der Übergang in den Ruhestand zu einer finanziellen Hängepartie wird, weil Jobcenter und Rentenkasse unterschiedlich zahlen, darf nicht sein.

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