Bürokratie-Monster : Bettensteuer ermüdet Tourismus
Dehoga: Aufwändiges Schweriner System kostet Hoteliers Arbeitszeit – Stadt fällt bei Übernachtungszahlen hinter Neubrandenburg
Die Auswirkungen der Bettensteuer sind in Schwerin deutlich zu spüren. Das bestätigt Matthias Theiner, Chef des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Schwerin. „Wir haben eine der schlechtesten und teuersten Übernachtungssteuern in Deutschland“, sagt der Dehoga-Chef. Langfristig könnte das Steuer-System Schwerin weitere Touristen kosten. Schon im vergangenen Jahr sei die Landeshauptstadt bei den Übernachtungszahlen schon ohne Bettensteuer mit einer Auslastung von unter 35 Prozent hinter Neubrandenburg gerutscht. Als gesund würden um die 40 Prozent gelten.
Ist die Bettensteuer also wirklich das viel zitierte „Bürokratie-Monster“? Nachdem die Landeshauptstadt die Matratzenmaut verspätet am 6. Mai eingeführt hatte, sei die Arbeitsbelastung in den Übernachtungsbetrieben gestiegen, erklärt Theiner weiter. Handelt es sich bei kleineren Hotels um etwa eine zusätzliche Arbeitsstunde pro Tag, mache das bei größeren Betrieben wie zum Beispiel dem „Carat“-Hotel unter Umständen eine ganze Arbeitskraft aus.
Hinzu kommt, dass das Schweriner Modell kompliziert ist. Die Übernachtungssteuer beträgt fünf Prozent des Netto-Übernachtungspreises, wie die Verwaltung mitteilt. Besteuert werden alle Betriebe, die kurzfristige Beherbergungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen, beispielsweise Hotels, Pensionen und Jugendherbergen. Ausnahmen gibt es für Geschäftsreisende, Azubis und Studenten bei Pflichtveranstaltungen und für Schulveranstaltungen.
Zum Vergleich: In anderen Städten müssen Übernachtungsgäste Theiner zufolge pauschal zwei bis fünf Euro „Matratzenmaut“ pro Übernachtung bezahlen. Die Schweriner Steuer sei aber auch höher als in anderen Städten – etwa doppelt so hoch wie in Hamburg. „Das macht den Übernachtungsbetrieben, die ohnehin schon mit niedriger Auslastung kämpfen, zusätzlich das Leben schwer“, fasst der Dehoga-Chef zusammen.
Rückblick: Seit Jahren war die Bettensteuer in Schwerin umstritten. Mehrere Anläufe versandeten, weil unter anderem die Industrie- und Handelskammer, Hoteliers und Dehoga immer wieder auf die Schwachstellen des Systems aufmerksam machten. Aber die leere Stadtkasse und Druck vom Land ebneten den Weg schließlich. Mit dem Zehn-Millionen-Euro-Sparpaket wurde auch die Bettensteuer im vergangenen Jahr verabschiedet. Aber noch vor ihrem Inkrafttreten gab es Unklarheiten. Der Start verzögerte sich von Ostern auf Anfang Mai (SVZ berichtete). Schuld waren Softwareprobleme und jede Menge ungeklärte Fragen zum Ausnahmenkatalog und wer am Ende überhaupt zahlen müsse. Schwerins Finanzdezernent Dieter Niesen hatte im Januar noch mit mehr als 300 000 Euro Zusatzeinnahmen für die Stadtkasse gerechnet.

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