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Sternberger Seenland Ringe und Marken für Rotmilane

Von Rdiger Rump | 20.07.2016, 21:00 Uhr

Ein Jungvogel aus dem Sternberger Seenland wurde im Vorjahr gerettet und gekennzeichnet – und jetzt in Schleswig-Holstein wohlbehalten gesichtet.

Ein Erfolgserlebnis braucht mitunter Zeit: Ein junger Rotmilan, voriges Jahr bei einer Kontrolle der Horste im Sternberger Seenland flugunfähig entdeckt, mit Flügelmarken versehen und ins Nest zurück gesetzt, wurde wohlbehalten in Schleswig-Holstein gesichtet. Als Marika Schuchardt vom Landschaftspflegeverband Sternberger Endmoränengebiet (LSE) davon erzählt, steht ihr die Freude ins Gesicht geschrieben.

Der Jungvogel war vermutlich aus dem zu drei Seiten kaputten Nest gefallen und saß hilflos unten auf einem Ast, leichte Beute etwa für einen Fuchs. „Sie sehen in dem Alter zwar schon wie Rotmilane aus, sind aber unbeholfen und schaffen es nicht allein hoch. Zum Glück war der Vogel durchgefiedert. So konnten wir Flügelmarken anbringen, bevor wir ihn wieder ins Nest gebracht haben“, erklärt Schuchardt. Das habe wohl gehalten, bis der Nachwuchs ausfliegen konnte, „in diesem Jahr war es nicht mehr da“. Vielleicht komme er in ein, zwei Jahren zurück. Rotmilane
ziehe es in jungen Jahren oft in die Ferne, was aber keineswegs ausschließe, dass sie zurückkehren. „Ja, ähnlich wie beim Menschen“, fügt Schuchardt schmunzelnd an.


Zahnspangendraht zum Befestigen

Der Ornithologe Stefan Wolff aus Schleswig-Holstein habe die X 02 zweifelsfrei erkannt. Der Sternberger Verband entschied sich für die Buchstaben X und Y. Die folgende Ziffer bzw. Zahl steht für die Reihenfolge, in der die Vögel gekennzeichnet werden. Die Daten auf dem Ring am rechten Bein seien kaum ablesbar, meist nur, wenn ein Vogel tot aufgefunden werde, die Marken auf den Schwingen dagegen umso besser, zuweilen schon mit bloßem Auge, mit Fernglas erst Recht. Befestigt würden die „ganz behutsam“, so Schuchardt, mit Zahnspangendraht. Den bekämen die Vögel samt Marke im Notfall selbst abgestreift.

Die Rotmilane wurden hier das zweite Jahr beringt und mit Flügelmarken versehen, zuvor nur im mitteldeutschen Raum. Sie habe sich das, so Schuchardt, bei Thomas Pfeiffer, der im Landschaftspflegeverband Thüringens das Rotmilanprojekt betreut, angesehen, dann im September vorigen Jahres einen Beringerlehrgang auf der Greifswalder Oie besucht und die Prüfung abgelegt. „Dadurch sind wir flexibler. Beringen und Flügelmarken anbringen, ist ein Spiel von Tagen. Mit den Baumsteigern von der Landesforst klappt es zum Glück super.“ Die würden Höchstleistungen vollbringen, hätten bis zu fünf Bäume pro Tag geschafft, zwei Kiefern und drei Buchen. Ein Nest sei 35 Meter hoch und von unten gar nicht zu sehen, ein anderes am Rand der Krone und daher nur mit Mühe erreichbar. Ein Baumsteiger gehe hoch, abgesichert durch einen zweiten, und bringe die Jungvögel in einem Säckchen nach unten, wo Flügellänge und Gewicht gemessen werden, das Alter geschätzt und der Ernährungszustand festgestellt. Zudem würden Fotos vom Nest zeigen, wie dessen Zustand sei und welche Nahrung die Rotmilane aufnehmen.

Die Flügel müssen ausgewachsen, die Jungvögel „komplett fertig als Rotmilan“ sein, nur dass sie noch nicht fliegen können. „Deshalb haben wir im Juni lange gezögert“, sagt Schuchardt. Am besten sei es ein, zwei Tage vor dem Ausfliegen. Da komme es aber auch mal vor, dass der Baumsteiger ziemlich hoch sei und der Jungvogel sich gerade in dem Moment selbstständig mache. Das sei dann ärgerlich. Anderenorts seien Nestlinge zu jung, hätten noch weißen Flaum statt Gefieder. In dem Zustand könnten sie weder beringt werden noch Flügelmarken erhalten. Die Erfolgsquote liege etwa bei der Hälfte.

Vorher sei es schwierig, die Horste überhaupt zu finden, wenn die Bäume belaubt sind, sagt Schuchardt. „Ich liebe Buchen, es sind für mich die schönsten Bäume, für diese Arbeit aber extrem kompliziert.“ Der Rotmilan baue seinen Horst auch nicht selten an einem neuen Standort, weil er gestört wurde, oder fange erst spät damit an, wenn alles grün sei. Ihn dann auf einer Fläche von 300 Quadratkilometern aufzuspüren, sei nicht einfach.


Ergebnisse künftig in internationale Datenbank

Der LSE, der seinen Sitz in Kobrow II hat, arbeitet seit Ende 2013 am Artenschutzprojekt „Land zum Leben“, das vom Bundesamt für Naturschutz gefördert wird. Das Sternberger Seenland gehört zu den elf Regionen in sieben Bundesländern, die dafür ausgewählt wurden. Mit 14 Paaren, von denen elf gebrütet haben und zehn Jungvögel erfasst wurden, steht 2016 das bislang höchste Ergebnis zu Buche, in der Beringungszentrale auf Hiddensee und beim bundesweiten Rotmilanprojekt dokumentiert. Künftig sollen die Beobachtungen ebenfalls in eine entsprechende internationale Datenbank einfließen.