Langen Jarchower Dirk Saggau war 1999 der „1. Pionier“ der Region: Erfahrungen und Ausblick eines Bio-Bauern
Langen Jarchow „Der Sturmhof“ nennt Dirk Saggau aus Langen Jarchow seinen 400 Hektar großen Bio-Hof. „Wegen des Windes hier“, sagt der 1992 aus Schleswig-Holstein nach Mecklenburg Gezogene. Seit 1999 wirtschaftet er unter Verzicht auf Chemie zum Düngen und Pflanzenschutz – als Bio-Landwirt. So setzt er keinen Phosphor, Kali und Schwefel ein.
Und damit begannen für ihn auch aus anderen Gründen stürmische Zeiten. 1992 pachtete er landwirtschaftliche Flächen in und um Langen Jarchow, vier Jahre darauf konnte er zudem Ackerland kaufen. Heute gehören ein Viertel der 400 Hektar ihm, das Gros ist gepachtet.
1999 gab es noch keine Akzeptanz für Bio
Richtig kompliziert wurde es 1999. Bio war damals keineswegs akzeptiert auf dem Lande, es gab vielerlei Vorbehalte. Auch in Langen Jarchow und Umgebung. „Anfangs war es ganz schwer. Man muss auch ein bisschen stur sein“, sagt Saggau im Rückblick. Teilweise sei ihm gar Land gekündigt worden – mit der Begründung, dass durch Bio die Ackerqualität sinke und außerdem im Dorf dann mehr Unkraut wachse.
„Ich habe natürlich auch Unkräuter, Disteln auf den Feldern. Das gehört dazu“, so Saggau, auf einem Sommergerstenschlag gleich hinterm Sturmhof stehend. Aus dem Getreide wird entweder Braugerste oder – wenn es dazu aus Qualitätsgründen nicht reicht – „zu 50 Prozent Futtergetreide“. Zwischen der Saggauschen Sommergerste, die in MV nur noch ganz wenige Betriebe anbauen, stehen Melde und auch die gelbe Senfpflanze leuchtet. „Wir haben den Boden zweimal gestriegelt, aber das hat diesmal nicht viel gebracht“, so der Bio-Bauer.
Unkräuter gehören halt dazu, wenn konventionelle Pflanzenschutzmittel nicht eingesetzt werden sollen und dürfen. Der Sturmhof hat sich dem ökologischen Landbau „Bioland“ verschrieben – mit fünfjähriger Fruchtfolge: Kleegras, Dinkel, Zwischenfrucht, Hafer oder Sommergerste und Triticale bzw. Roggen. „Eventuell kommt auch mal zwei Jahre Kleegras, dann ist es eine Sechser-Fruchtfolge“, erläutert Dirk Saggau.
Gegenüber der konventionellen Landwirtschaft ernte er als Bio-Bauer im Schnitt „knapp die Hälfte. Der Ertrag schwankt von ganz schlecht bis fast heranreichend an konventionell“. Die vergangenen zwei Jahre seien „gute Jahre gewesen“, davor die vier, fünf Jahre war es hart: Für Bio-Getreide gab es seinerzeit nicht viel mehr als für konventionell Angebautes.
„Als Bio-Bauer muss man sich eben voll identifizieren. Es ist dies eine Frage des Willens“, bemerkt der Langen- Jarchower, der sich selbst als „1. Pionier“ in Sachen Bio-Landwirtschaft bezeichnet. Vom Getreide liefere er den Hafer komplett (50 Tonnen) und Dinkel teilweise (75 Tonnen) an den Hamburger Vollkorn-Bäcker Thomas Effenberger. „Das andere geht nach Schleswig-Holstein.“
Zudem entwickelt sich hierzulande immer mehr eine Kooperation unter den Bio-Betrieben – eine Art Stoffkreislauf zwischen Acker- und Milchbauern. So hat Dirk Saggau erst am 30. Mai mit Arne Jöhnk aus Neperstorf, der seine 150 Milchkühe auf Bio umstellt (SVZ berichtete), einen Vertrag geschlossen. „Er bekommt von mir Kleegras, ich von ihm Mist“, so Saggau, der ähnliches auch bereits mit einem Hähnchenbetrieb aus Ludwigslust praktiziert: Futtermittel gegen Mist.
Neben dem Ackerbau hält der Langen-Jarchower auch bis zu 40 Mastrinder – Bullen und Ochsen. Aktuell grasen 25 auf der Weide an der Straße nach Klein Jarchow.
Urlaub auf dem Land
Zudem haben sich die Saggaus ein zweites Standbein geschaffen – Urlaub auf dem Lande, auf dem Biohof. Die vier Ferienwohnungen, auf dem Hof und in Klein Jarchow, sind in erster Linie der Part von Ehefrau Petra. Die aus dem nahen Ventschow Stammende backt u.a. das Brot für die Gäste. Vor allem junge Familien, Großstädter aus dem Hamburger Raum kämen. „Es kommen viele gerne wieder, helfen auch manchmal mit. An 130 bis 140 Tagen im Jahr sind wir ausgelastet“, verkündet Dirk Saggau, der zudem neben vier Großpferden Marke Quarter Horse auch vier Mini-Shetlands hält. Ponys auf dem Bauernhof – für einen Familien-Landurlaub ist das ein Pluspunkt. Dirk und Petra Saggau sehen sich mit ihrem Gesamtpaket für die Zukunft gut aufgestellt.
