SchuleWirtschaft soll in der Region neu aufleben – zum gegenseitigen Nutzen. Es gab eine gute Beteiligung und Ideen beim Treffen im Sternberger Rathaus.
Das Problem hat sich völlig ins Gegenteil verkehrt: Fand vor wenigen Jahren so mancher Schulabgänger keinen Ausbildungsplatz, weil die Unternehmen aus einer Fülle von Bewerbungen auswählen konnten, so bleiben jetzt zahlreiche Stellen unbesetzt, weil geeignete Bewerber fehlen oder – noch schlimmer – es überhaupt keine gibt.
Tom Burow aus Groß Raden kann zum eigenen Leidwesen diesen Trend aus Sicht des Handwerks nur bestätigen. Sein Betrieb für Heizung-Sanitär-Lüftung habe jedes Jahr mindestens einen Lehrling eingestellt und Praktika angeboten – als beste Möglichkeit, sich gegenseitig und den Beruf kennen zu lernen. Er nutze auch alle denkbaren Plattformen, dennoch fänden sich kaum Bewerber. Als Hauptproblem sehe er weniger die Abwanderung von Jugendlichen, sondern dass die Berufsausbildung an Attraktivität verloren habe. Wer im Leben was erreichen wolle, müsse studieren, so die weit verbreitete Meinung, sagt Burow. Der stünde eine enorm hohe Zahl von Studienabbrechern gegenüber. Bei vielen sei „nicht angekommen, dass es eine attraktive Ausbildung mit guten Entwicklungs- und Verdienstmöglichkeiten“ gebe.
Jeder bestimmt selbst das Anforderungsprofil
Hier will der Arbeitskreis SchuleWirtschaft, der in Sternberg seit 2010 besteht, aber in Vergessenheit geriet, ansetzen. Das sei zwar nicht zuerst Sache der Stadt, doch sie wolle gern vermitteln, sagt Bürgermeister Armin Taubenheim. Er hatte mit Schulleiterin Petra Langpap von Verbundener Regionaler Schule und Gymnasium „David Franck“ sowie Marjon Hopman-Wolthuis, Geschäftsführerin von Schloss Basthorst, ins Rathaus eingeladen. Die beiden Frauen haben den Vorsitz von Schule bzw. Wirtschaft im Arbeitskreis. Beteiligung und die allesamt konstruktiven Wortmeldungen zeigen das Interesse.
2010 sei ein Ausbildungs- und Praktikumswegweiser für Sternberg und die Region erarbeitet worden, so Taubenheim. Er könne sich gut eine Neuauflage vorstellen, die den „gravierenden Strukturwandel“ berücksichtige. Die Auswahl reiche von Landwirtschaft und Fischerei, Handwerk und Gewerbe über größere Unternehmen wie EcoMotion Sternberg, Mecklenburger Freizeitmöbel Brüel oder Fenster- und Türenwerk Sternberg bis zu Ärzten, Physiotherapie und Verwaltung. Jeder bestimme selbst sein Anforderungsprofil. Und: Für keinen bestehe Zwang, wer sich beteilige, solle das gern machen. Es gehe um gegenseitigen Nutzen, so der Bürgermeister. Die Unternehmen suchten Fachkräftenachwuchs und die Schulabgänger Lehrstellen in der Region. Ein Studium gebe es hier nicht, aber eine Ausbildung mit Perspektiven.
Die Stadt könne Anlaufstelle sein, den neuen Ausbildungs- und Praktikumskatalog koordinieren, sagt der Bürgermeister und stimmt einem Vorschlag von Schulleiterin Petra Langpap zu: Diesen Überblick nicht nur drucken, sondern auch auf die Homepage von Stadt bzw. Amt bringen, um ihn auf dem aktuellen Stand zu halten. Es gebe beim Landkreis Ludwigslust-Parchim eine Webseite, die ständig aktualisiert werde und genutzt werden könne, macht Robert Christoph von der Wirtschaftsförderung aufmerksam. Zweites Angebot seien Workshops in den Schulen, bei denen sich Unternehmen aus der Region vorstellen, „am besten mit Azubis, das wirkt ganz anders“, so Christoph.
Das werde bei den Methodentagen zu Beginn des Schuljahres schon praktiziert, geht Langpap darauf ein. Lehrer müssten „über den Tellerrand sehen und erkennen, worauf sie die Schüler vorzubereiten haben, nicht nur auf die Prüfungen“. Jungen Leuten müsse geholfen werden, „richtige Entscheidungen zu treffen“, wirft Marjon Hopman-Wolthuis ein. Sie regt an, Eltern mit einzuladen und ein Netzwerk aufzubauen. Die Auswahl sei schließlich groß.
Erst nicht ausgebildet – jetzt in zwei Berufen
Auch Industrie- und Handelskammer sowie Handwerkskammer würden in die Schulen kommen und beraten, sagen Petra Schemath bzw.
Ilka Wodke. Dr. Margit Quilitz vom Bildungswerk der Wirtschaft freut sich, dass der Arbeitskreis wieder belebt werde. Landesweit gebe es 22, „nach regionalen Prinzipien verteilt, so dass die Beteiligten mit den Bedingungen vor Ort vertraut“ seien. Quilitz war Landeskoordinatorin. Er finde „den Ansatz sehr gut“, sagt Geschäftsführer Peter Rosien von Gut Sternberg. „Wir finden absolut nicht die Lehrlinge, die wir uns wünschen, und gehen deshalb gezielt in die Schulen.“
Die Sandmann GmbH im Sternberger Gewerbegebiet Rachower Moor war kein Ausbildungsbetrieb, hat nun aber die Voraussetzungen geschaffen, in zwei Berufen auszubilden. „Wir haben vorher keinen Grund gesehen. Das war wahrscheinlich falsch“, räumt Geschäftsführer Johannes Sandmann ein. Jetzt werde die Belegschaft immer älter. „Wir können Berufe mit Perspektive anbieten, haben aber keine Bewerber. Ich hatte viel mehr Resonanz erwartet.“
Ein Gespräch mit Schulleiterinnen gleich im Anschluss hilft hier vielleicht auf die Schnelle, doch ansonsten sei es „ein langer Prozess“, meint der Sternberger Bürgermeister realistisch.