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Hohen Pritz Blick unter das Kirchendach

Von Rdiger Rump | 09.10.2016, 21:00 Uhr

Zum zweiten Mal fand ein kleines Fest an der Baustelle in Hohen Pritz statt. Der zweite Abschnitt bei der Sanierung umfasst die Verankerung des Ostgiebels und den Abschluss bei der Dacheindeckung.

Bürgermeister Jan Kessel kann sich schon gut vorstellen, wie unter dem imposanten Dachgebälk der Dorfkirche in Hohen Pritz klassische Musik erklingt. Dies wäre ein idealer Ort für Veranstaltungen, ähnlich wie der Dachboden vom Rothener Hof in der Nachbargemeinde.
Sicher eine Nummer kleiner, doch auch mit der besonderen Atmosphäre in einem alten Bauwerk mit viel Holz.

Pastor Kornelius Taetow würde sich durchaus damit anfreunden, doch erst einmal müsse die Kirche saniert sein, bevor solche Ideen eine Rolle spielen könnten. Derzeit läuft der zweite Bauabschnitt. Um darüber zu sprechen und einen Blick unter das Kirchendach zu werfen, hatten der um die 20 Mitglieder zählende Förderverein und die Kirchengemeinde am Sonnabend wie schon einmal im Vorjahr zu einem kleinen Fest an der Baustelle eingeladen.


Der Ostgiebel drohte abzukippen

Im Vorjahr wurden die Dachkonstruktion in Ordnung gebracht und die Seite zum Turm neu eingedeckt. Bei starkem Regen hatten die Betonrömer aus DDR-Zeiten es schnell mal durchtropfen lassen, erzählt der Pastor. Doch von den Dachbalken seien die meisten in Ordnung und würden bleiben. Bürgermeister Kessel ist fasziniert, „dass Holz aus dem 14. bis 15. Jahrhundert so erhalten ist“.

Der erste Bauabschnitt kostete 120 000 Euro. Die Arbeiten waren nach Meinung von Fachleuten die Voraussetzung, um das größte Problem bei dem Gemäuer angehen zu können: Der Ostgiebel musste gesichert werden. Er drohte abzukippen, oben nach innen, in der Mitte bildete sich so was wie ein Bauch, beschreibt Taetow. Die Ursache wüssten auch die Fachleute nicht. Das Fundament aus Feldsteinen sei fest, hätten Probegrabungen ergeben. Vielleicht liege es einfach daran, dass die einschiffige Feldsteinkirche sich über Jahrhunderte Wind und Wetter widersetzen musste. Das 13. Jahrhundert werde als Baubeginn vermutet, belegt sei das allerdings nicht.

Der Ostgiebel ist jetzt verankert und sollte gerettet sein. Jetzt wird zu der Seite das Dach neu eingedeckt. „Die Tonziegel werden als Kirchenbiber bezeichnet. Wir haben sie im Vorjahr gleich für das
gesamte Dach gekauft, um sicher zu gehen, dass keine Farbunterschiede auftreten. Darüber hätten wir uns sonst die Pest geärgert“, so Pastor Taetow. Er hatte nun eine Pkw-Ladung mitgebracht. Wer wollte, konnte sich gegen einen kleinen Obolus auf der Innenseite eines Ziegels für die Nachwelt verewigen. Die meisten schrieben Namen und Datum, Kinder malten Bilder.


Als nächstes Fassade und Turm

Mitte November soll dieser Bauabschnitt fertig sein. Doch innen bleibe die Kirche Baustelle, so dass an Einweihung oder Gottesdienst etwa zu Weihnachten noch nicht zu denken sei, bedauert der Pastor. Im nächsten Jahr seien die Fassade aus Feld- und Backsteinen, die Risse habe, und der Turm fällig. Auch von dem müsse das Dach komplett herunter. Teils seien schon Latten herausgerutscht. „Es wäre schade, wenn Steine von dort auf die neue Eindeckung fallen“, so Taetow. Wo Innenputz abplatzte, wurden überraschend Wandmalereien entdeckt. Die Restauratorin wolle dafür ein Konzept erarbeiten.

Wie es bei der Sanierung weitergehe, hänge vom Geld ab. Förderverein und Kirchengemeinde könnten nur einen kleinen Teil aufbringen. Größte Posten seien bislang Patronatsmittel vom Kirchenkreis Mecklenburg und Förderung vom Landkreis Ludwigslust-Parchim für Integrierte ländliche Entwicklung (Ilek). Gelder kämen zudem von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Stiftung Kirchliches Bauen (Kiba), der Marlis-Kressner-Stiftung und dem Verein Dorfkirchen in Not.

Die Kirche Hohen Pritz ist eine von neun in der Kirchengemeinde Mestlin-Techentin-Kladrum und derzeit die mit Abstand größte Baustelle, nachdem die Sanierung in Techentin vor fünf Jahren beendet wurde.