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Brüel Aufatmen ein Jahr nach Tornado

Von Rdiger Rump | 08.07.2016, 05:00 Uhr

Die Schäden vom 5. Mai 2015 sind weitgehend beseitigt – die DHG Brüel feiert heute ihr 25-jähriges Bestehen. Aus der neuen Ernte sind 38 000 Tonnen Getreide und Raps avisiert.

Am Wochenende stehen alle in Bereitschaft: Wenn Landwirte mit dem Mähdrusch beginnen, muss ihnen das Getreide abgenommen werden, sagt Klaus Wulfert und verzieht keine Miene. „Wir sind Dienstleister“, fügt er an. Stellenweise sei bereits versucht worden, Korn vom Feld zu holen. Es reife in diesem Jahr besonders ungleichmäßig. Regen habe die Kornfeuchte allerdings stark ansteigen lassen, und das Trocknen koste viel Geld. Der Erntestart voriges Jahr am 10. Juli sei schon zeitiger als sonst gewesen. Im Durchschnitt beginne die Ernte der Wintergerste, die als erstes Getreide eingefahren wird, am 15. Juli, erklärt der Geschäftsführer der Dienstleistungs- und Handelsgesellschaft (DHG) in Brüel.


In diesem Jahr schnellerer Umschlag

Der Betrieb nimmt die Körnerfrüchte an, trocknet und reinigt soweit notwendig, sortiert nach Qualität, lagert ein, stellt Partien zu Verarbeitung oder Transport für Händler bzw. zum Verschiffen bereit. Bis zu 27 000 Tonnen kann die große Lagerhalle aufnehmen, allerdings weicht der Platzbedarf der Getreidearten aufgrund ihrer unterschiedlichen Dichte ab. Das Volumen von einem Liter Weizen wiegt rund 800 Gramm, bei Wintergerste sind es 600 bis 650 Gramm und bei Hafer gar nur 500 Gramm. Der Arbeitsaufwand sei jedoch gleich. „Uns wäre deshalb Weizen am liebsten, doch hier wächst eben auch anderes Getreide“, so Wulfert. Nach knapp 34 000 Tonnen in den Jahren 2013 und 2014 seien diesmal sogar 38 000 Tonnen avisiert, so dass der Umschlag beschleunigt werden müsse.

Aber heute feiern in der noch leeren Getreidehalle die 15 Beschäftigten mit ehemaligen Mitarbeitern, Vertretern der Agrarbetriebe der Region, die Gesellschafter des Betriebes sind, und verschiedensten Geschäftspartnern bis zum Versicherer Concordia und der freiwilligen Feuerwehr das 25-jährige Bestehen der DHG. Eigentliche Geburtsstunde , so Wulfert, war indes die Unterzeichnung des Gesellschaftervertrages am 5. September 1990; davor gelegen hätten
17 Jahre Agrochemisches Zentrum (ACZ) mit 135 Mitarbeitern im Jahre 1989. Dem Leiter Dr. Ulrich Hirsch sei es als Geschäftsführer gemeinsam mit den Gesellschaftern gelungen, Betrieb und zehn Arbeitsplätze zu erhalten. Nachbar war die Mehrzwecktrocknungsanlage (MZTA). Als deren Geschäftsführer Helmut Kiwitt 2002 ausschied, blieben beide Betriebe eigenständig, aber unter einer Geschäftsführung, bis 2008 die Fusion erfolgte. Aus den zwei Märkten entstand einer für Hof und Garten, wie ihn die Kunden heute kennen. Zur Saison 2010 wurden zwei Millionen Euro in Trocknung und Getreidelagerung investiert, sagt Wulfert, seit dem Jahr Geschäftsführer. Ein weiteres Standbein ist der Vertrieb von Heizöl in der Region, etwa 1,1 Millionen Liter jährlich, und Diesel (1,2 Millionen). Der liegt in den Händen von Finanzerin Sandra Zeitz.

Tief sitzt noch der Schreck vom 5. Mai 2015. Er habe im Wohnzimmer gesessen und hinaus gesehen – blauer Himmel. „Als ich in den Wintergarten ging, sah ich auf der anderen Seite eine dunkle Wand, habe die Fenster zugemacht und gedacht, das angekündigte Gewitter kann jetzt kommen“, erzählt der Brüeler. Er wohne genau daneben, wo der Tornado eine Schneise der Verwüstung hinterließ. Zeitz sagt, sie habe das Unheil aus der Ferne vom Mühlenberg verfolgt.

Ihn erreichte wenig später telefonisch die Nachricht, dass der Tornado auch den Betrieb heimgesucht habe, so Wulfert. „Von der großen Lagerhalle waren der Giebel weg und das Dach eingestürzt. Teile müssen wie Messer durch die Luft geflogen sein und Kabel durchtrennt haben. Der riesige Trockner, den starke Eisenfüße tragen, hat sich 1,5 Zentimeter in sich gedreht.“ Der immense Schaden durch den Tornado sei in nur 15 Sekunden entstanden. Eine Kamera zur Hofüberwachung habe das aufgezeichnet, die Halle gegenüber kaum Schaden genommen, lediglich durch umher fliegende Teile.


Über langen Ausleger Asbestteile abgesammelt

Zu der Zeit waren 4500 Tonnen Getreide eingelagert, nun durch Asbest vom Dach kontaminiert, unbrauchbar für Mensch und Tier. Über einen 23 Meter langen Ausleger, um das Getreide nicht zu betreten, wurden Asbestteile von Hand abgesammelt und dann die oberste Körnerschicht abgesaugt. Dadurch konnten knapp 4000 Tonnen bioenergetisch genutzt werden. Die Entsorgung allen Getreides hätte 1,1 Millionen Euro gekostet. „Erst als alles raus war, konnten wir bauen. Und die Ernte war wieder voll im Gange. Wir haben Kopfstände gemacht“, sagt Wulfert. Am 15. Dezember sei das letzte Stück vom Dach montiert worden. Der Versicherer hatte schnell und unkompliziert Geld bereit gestellt. „Derzeit stehen wir bei einer Schadenssumme von 800 000 Euro, doch einiges kommt noch hinzu.“ Durchatmen könne man jetzt aber endlich und das runde Jubiläum feiern.