Sternberg : Mit Freude wieder in Sternberg
Vier unbegleitete Jugendliche aus Eritrea und Afghanistan nun in Wohngemeinschaft. Besuch von Bundesministerin Manuela Schwesig.
Besuch von Manuela Schwesig gestern Nachmittag in Sternberg: Die Bundesfamilienministerin wollte sich persönlich ein Bild machen, wie hier vier junge Männer aus Eritrea und Afghanistan fernab von Gemeinschaftsunterkünften in einer Wohngemeinschaft leben, betreut vom Verein Dialog + Action und großem Engagement von Irene und Klaus Werner.
Sie waren gekommen, als im vorigen Jahr der Flüchtlingsstrom nach Deutschland am größten war. Asylbewerber aus Syrien hatten bereits Wohnungen in der Karl-Marx-Straße bezogen. Ihnen folgten 14 unbegleitete Jugendliche, wie es amtlich heißt, Minderjährige ohne Eltern, die im Seehotel untergebracht wurden. Dialog + Action übernahm deren Betreuung.
Wie Integration vor Ort funktionieren kann
Zum Jahresanfang wurde das Hotel geschlossen, die jungen Flüchtlinge mussten umziehen – nach Dargelütz, Demen, Golchen und Horst. Vier wollten gern zurück. Der Verein fand eine Möglichkeit, dass sie – inzwischen volljährig – als Wohngemeinschaft in der Karl-Marx-Straße leben können. Unter weiterer Regie der Werners stellten hilfsbereite Sternberger Mobilar zur Verfügung und richteten die Wohnung gemeinsam mit den jungen Männern ein.
Einer von ihnen hatte schon im Bus gesessen, um in Rostock untergebracht zu werden, aber das konnte im letzten Moment verhindert werden, so SPD-Landtagsabgeordneter Thomas Schwarz aus Demen. Er ist Mitglied von Dialog + Action, unterstützt den Verein in Sachen Asylbewerber und lud Parteifreundin Manuela Schwesig nach Sternberg ein. „Wir wollen zeigen, wie Integration vor Ort funktionieren kann, wenn sich Menschen engagieren. Sternberg ist ein Beispiel dafür“, so Schwarz. Keinem wäre geholfen gewesen, die vier jungen Männer, die hier bereits persönliche Kontakte hatten, Fußball spielten und sich wohl fühlten, auseinander zu reißen.
Zu Hause haben sie keine Schule besucht, seit sie wieder in Sternberg sind, absolvieren die Vier einen Deutschkurs an einer Schweriner Schule, ab September folgt ein berufsvorbereitendes Jahr. Wer Deutsch gelernt und eine Bleibeperspektive habe, könne eine dreijährige Ausbildung machen und habe danach weitere zwei Jahre Bleiberecht, erklärte der SPD-Bundestagsabgeordnete Frank Junge aus Wismar. Janid aus Afghanistan würde gern Schweißer werden, sein Landsmann Ahmad Polizist oder, wenn daraus nichts werde, Friseur, die Beiden aus Eritrea Tischler. Janid sagt, er sei wegen des Krieges aus Afghanistan geflohen, weil dort niemand seines Lebens sicher sei und er nicht als junger Mensch sterben wolle.
Wohnung tadellos in Schuss
Es sind vier junge Männer, aber wie sie die Wohnung in Schuss halten, sei beachtlich, lobt Irene Werner. Und die Deutschlandfahnen an den Wänden hätten sie am Donnerstag aus Schwerin mitgebracht. „Ich finde das hier sehr gut, das überzeugt mich“, sagt die Bundesfamilienministerin. Junge Menschen in dem Alter seien selbstständig und sollten dazu auch weiter die Möglichkeit haben. Zwischen Bund und Ländern gebe es „aktuell Gespräche“, vor allem für unbegleitete Jugendliche mehr Geld vom Bund bereitzustellen, so Schwesig.
Irene Werner meint, Integration funktioniere aber nur zweiseitig und sei nicht möglich in einer Gemeinschaftsunterkunft. Sie dürfe aber nicht allein denen überlassen bleiben, die das mit guter Laune im Kleinen machen, sondern müsste mehr von staatlicher Seite gefördert werden. Sie teile diese Meinung, so die Ministerin, zur Integration würden persönliche Kontakte gebraucht. Ihr Ministerium stelle daher zehn Millionen Euro für ein Patenschaftsprogramm zur Verfügung. Jeder Verein oder Bürger könne sich über eine Hotline melden. Das so genannte Wegweiser-Telefon ist Montag bis Freitag zwischen 7.30 Uhr und 16 Uhr unter 0800 200 50 70 erreichbar. „Es gibt viele Menschen, die helfen wollen“, so Schwesig. Ihre Familie habe selbst eine Patenschaft übernommen. Im Landkreis Ludwigslust-Parchim gebe es gegenwärtig 1600 Asylbewerber, „Tendenz rückläufig“, sagte Wolfgang Schmülling, 1. Stellvertreter des Landrats, auf SVZ-Nachfrage. Darunter seien knapp 70 Minderjährige, die die Jugendhilfe betreut und ca. weitere 150 z. B. bei Verwandten.
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