SVZ stellt in einer Serie die einzelnen Teile des Residenzensembles vor - Teil 19: Kaninchenwerder
Enten oder Boote, Natur pur oder Freizeitspaß – an der Insel Kaninchenwerder scheiden sich heute in Schwerin die Geister. Auf dem kleinen Eiland, das seit 1935 unter Naturschutz steht,leben rund 270 Arten, von denen sich 18 auf der Roten Liste befinden. Wildschwein, Fuchs, Reh, Steinmarder, Mink, Vögel, Fledermäuse, Adler und viele andere leben und brüten dort. Aber auch Freizeitkapitäne legen in den idyllischen Buchten gerne an – das soll jetzt verboten werden und beschäftigt die politischen Gremien. Der Großherzog hatte das vor 170 Jahren einfacher. Er musste lediglich seine Finanzchefs fragen, als er 1843 die Insel in den Blick nahm. Alles, was er sich vorgenommen hatte, schaffte er zwar nicht.
Aber immerhin gehört Kaninchenwerder heute zum Residenzensemble, „weil sie als integraler Bestandteil der Schweriner Park- und Kulturlandschaft, wie sie im 19. Jahrhundert ausgebildet wurde, gesehen werden muss“, schreibt Dr. Christian Ottersbach in seinem Welterbe-Gutachten.
Entstanden in der Weichseleiszeit vor mehr als 20 000 Jahren, weisen Funde darauf hin, dass Kaninchenwerder schon in der Jungsteinzeit von Jägern und Fischern besiedelt war. In alten Urkunden wird die Insel 1407 zum ersten Mal erwähnt. „Sie hat ihren Namen von Kaninchen, die man hier versuchsweise ansiedelte, um die damals teuren Tiere aus dem Mittelmeerraum zu züchten“, so Ottersbach. Das klappte leider nicht. Die ebenfalls mitgebrachten Weinbergschnecken indes blieben. Von 1561 bis 1836 wurden auf Kaninchenwerder stattdessen Ziegeln gebrannt und der Pächter nutzte sie für die Landwirtschaft. Resultat: Am Ende war die Insel so gut wie entwaldet.
1843 schlug der Hausmarschall dem Großherzig Friedrich Franz II vor, die Fasanerie von Ludwigslust nach Kaninchenwerder zu verlegen – natürlich um sie anschließend zu bejagen. Diese Idee scheiterte indes an den Kosten – das Geld wurde lieber für den Schlossumbau verwendet. Stattdessen sollte die Insel verschönert werden. Peter Joseph Lenne machte die Vorschläge, Hofgärtner Theodor Klett gestaltete Kaninchenwerder von 1847 bis 1854 zu einer so genannten „ornamented farm“, einer Mischung aus Garten- und Landwirtschaftsflächen. Der große und der kleine Rundweg wurden angelegt, durch Nebenwege verbunden, mit Ausblickspunkten und Sitzplätzen gespickt. „Diese Wegeführung entspricht der zeittypischen Anlage von Landschaftsgärten“, so Ottersbach. „Ein Wegerondell mit Tempelchen auf dem zwölf Meter hohen Teltenberg ist heute nicht mehr erhalten. Gar nicht erst gebaut wurde ein „Gartenkasino“ genanntes neugotisches Schlösschen auf dem Jesarberg – entworfen vom Erbauer der Alten Artilleriekaserne Ludwig Wachenhusen. Ein Turm auf dem vorgelagerten Großen Stein sollte das Ensemble ergänzen – zu teuer.
Trotzdem war die Insel zauberhaft und wurde nun zu einem beliebten Ausflugsziel für die Schweriner. Seit 1837 schon verkehrte ein Wasseromnibus, ab 1852 fuhr mehrmals am Tag ein Dampfboot von Zippendorf nach Kaninchenwerder, berichtet Ottersbach. 1870 wurden auf der Insel französische Kriegsgefangene in Zelten untergebracht – Damen höherer Bildungsschichten versorgten sie und besserten ihr Französisch auf.
1895 ließ die „Gemeinnützige Vereinigung“ auf dem Jesarberg einen 22 Meter hohen, neugotischen Aussichtsturm mit Zinnenkranz errichten.
Heute fährt die Weiße Flotte in der Saison regelmäßig vom Schloss über Zippendorf nach Kaninchenwerder.


