Die Stadtwerke wollen in den Göhrener Tannen eine Windenergieanlage bauen, doch die könnte den Blick auf das Schloss stören
Bedroht die Energiewende den Welterbeantrag für das Residenzensemble? Oder verhindert dieser Antrag die Produktion von Windstrom in der Landeshauptstadt? Der Knackpunkt: Hohe Windräder, die die Blickachsen zum Welterbe beeinträchtigen, sind ein Risikofaktor für den Antrag.
Die Stadtwerke möchten im Industriepark in den Göhrener Tannen gern ein Windrad errichten. „Wir müssen unser Strom-Portfolio komplettieren“, sagt Geschäftsführer Josef Wolf. „Wir hatten Anfragen nach Ökostrom von Unternehmen. Doch in der gewünschten Größenordnung konnten wird keinen eigenen Strom liefern.“ Zu einem möglichen Windrad im Süden der Landeshauptstadt gibt es jedoch noch keinen offiziellen Bauantrag. Es wurden aber bereits Gespräche mit dem Baudezernat geführt, bestätigt Josef Wolf.
„Im Industriegebiet sind Windräder bis zu einer Höhe von 50 Metern zulässig, auch wenn dort kein so genanntes Windvorranggebiet ist“, sagt Günter Reinkober, Chef des Sachgebietes Bauen und Denkmalpflege. „Wenn es darüber hinaus geht, könnte es schwierig werden.“ Denn dann wäre ein Windrad in den Göhrener Tannen von der Werderstraße aus eventuell neben dem Schlossturm zu sehen. Dagegen hätte der Internationale Rat für Denkmalpflege, Icomos, sicher etwas einzuwenden, glaubt Reinkober. Dieses Gremium berät die Unesco in Sachen Welterbe und ist schon mehrfach gegen Windradprojekte vorgegangen, beispielsweise an der Wartburg, bei Lübeck, im Mittleren Rheintal und bei Wiesbaden, obwohl die hessische Landeshauptstadt noch gar kein Welterbe ist. Auch auf Rügen durften Windräder nicht so hoch gebaut werden wie gewünscht – wegen des Welterbestatus von Stralsund.
Auch das Vorhaben der Gemeinde Leezen am Ostufer des Schweriner Sees, „ein, zwei nicht zu hohe Windmühlen“ zu errichten, wie Bürgermeister Gerhard Förster sagte (SVZ berichtete), könnte Probleme bereiten. Allerdings ist die Kommune flächenmäßig recht groß, so dass die Windenergieanlagen fernab vom Schweriner See und vom Schloss aus unsichtbar aufgestellt werden könnten. „Wir werden auf jeden Fall unseren Einfluss geltend machen, wenn es um den Standort für die Windräder geht“, sagt Fachdienstleiter Günter Reinkober.
Stadtwerkegeschäftsführer Josef Wolf will ein Windrad errichten, ist aber auch Befürworter des Welterbeantrages. „Wir wollen dem Antrag keine Steine in den Weg legen.“ Wenn ein Windrad durch die Stadtwerke gebaut werde, dann nur in Abstimmung mit den Denkmalschützern.
Um Interessenkollisionen von Windmüllern und Denkmalschützern zu vermeiden, wird derzeit ein Gutachten erarbeitet. Es soll klären, wo welche Windmühlen möglich sind und wo nicht.
Es ist nicht das erste Mal, dass Projekte in Schwerin hinsichtlich des Welterbeantrages von Icomos bewertet werden. Das betraf den Museumsneubau an der Werderstraße und den Lückenbau in der Graf-Schack-Allee. Dessen Fassadengestaltung musste sogar geändert werden.