Amanda Chuwa wuchs in einem kleinen afrikanischen Dorf auf und baute sich in ihrer Heimat ein gutes Leben auf. Dann verliebte sie sich in einen Schweriner und zog nach MV. Doch der Anfang in Deutschland war schwer.
Amanda Neema Dominik Chuwa hatte sich als alleinerziehende Mutter in Tansania ein gutes Leben aufgebaut. Doch dann zieht sie der Liebe wegen nach Schwerin und findet hier ein neues Zuhause. Aber der Anfang in Deutschland war für die 36-Jährige schwer. Uns erzählt sie ihre Geschichte.
„Nein, auf dem Kilimandscharo war ich noch nicht“, sagt Amanda Neema Dominik Chuwa und lacht. Dabei liegt Kibosho, der Ort, in dem sie aufgewachsen ist, ganz in der Nähe des Kilimandscharo Nationalparks. Bei gutem Wetter kann man von hier aus den höchsten Gipfel Afrikas sehen. Einige ihrer Cousins und Cousinen sind Reiseführer und begleiten Wanderer aus aller Welt auf den Touren und organisieren Safaris.
Die Kindheit von Amanda Chuwa in Tansania – zwischen Arbeit und Freiheit
Amanda Chuwa behält ihre Kindheit stets in guter Erinnerung: „Meine Oma war das Familienoberhaupt und meine Mutter und auch meine Tanten und Onkel haben alle in demselben Dorf gewohnt. Wir waren viele Kinder und es war immer etwas los“, erinnert sie sich.
Und sie erzählt von dem Leben dort. „Damals habe ich gedacht: Warum müssen wir so leben? Es ist so anstrengend. Wir mussten auch als Kinder schon bei der Arbeit helfen: mal zum Fluss gehen und Wasser holen oder auch die Kühe und Ziegen auf die Weide zum Fressen bringen. Aber wir waren auf eine gewisse Art auch frei.“
Auch weil sie viel mithelfen musste, kennt sie sich mit vielen Dingen des praktischen Lebens aus. Die meisten Lebensmittel bauten sie selber an. „Ich weiß alles über die Herstellung von Kaffee, von der Pflanze bis zur gerösteten Bohne und ich kann auch Öl aus Sonnenblumenkernen herstellen. Wenn ich mal Bauchschmerzen hatte, ist Oma losgegangen und hat verschiedene Kräuter gesammelt und mit Joghurt als Getränk zubereitet. Eine halbe Stunde später waren die Bauchschmerzen weg“, lächelt sie. „Manchmal wünsche ich mir diese Zeit zurück.“
Ihre Oma Gauderisia stirbt 2016 im Alter von 95 Jahren. Sie fehlt ihr bis heute sehr. „Meine Oma war der wichtigste Mensch in meinem Leben. Und sie war eine Älteste. Viele Leute suchten ihren Rat oder baten um ihre Vermittlung, wenn es Streit gab. Zur Trauerfeier kamen 7000 Gäste. Auch Mitglieder des Parlaments waren dort“, sagt sie mit trauriger Stimme.
Nach der Grundschule im Dorf und der Sekundarschule in der nahen Stadt wechselt Amanda Chuwa in das Internat der Oberstufe der Ashira Secondary School in Marangu: „Meine Oma hat eine Kuh verkauft und von dem Erlös die Schulgebühren bezahlt. Wie ein 5-Sterne-Hotel, so ist dies eine 5-Sterne-Schule. Mit dem Abschluss hast du viele Möglichkeiten“, so Chuwa.
„Meine Tante wollte, dass ich Polizistin werde. Aber da habe ich ‚Nein!‘ gesagt und sofort eine Backpfeife bekommen. Es war unhöflich zu widersprechen, aber ich wollte lieber etwas anderes.“ Sie besucht das College für Tourismus in Arusha. Raus aus dem Dorf. Endlich.
Wie Amanda Chuwa im Tourismus durchstartet
Noch vor dem Abschluss hat sie ihren ersten Job in der Tasche. „Ich war die einzige Frau in meinem Jahrgang und hatte keine praktische Erfahrung. Aber Peter Jones, ein Engländer mit viel Erfahrung im Tourismus, wollte unbedingt, dass ich für ihn arbeite.“ Jones hat ihr Talent erkannt. „,Ich glaube an dich, du schaffst das!‘, hat er zu mir gesagt.“
Und sie schafft es: leitet das Büro, organisiert Unterkünfte und Reisegruppen und den Einkauf. Jones bezahlt ihr die Ausbildung zur Buchhalterin und verdreifacht ihr Gehalt. Dann geht er überraschend zurück nach England, schließt alle Geschäfte und Amanda Chuwa sucht sich etwas Neues.
Amanda Chuwa macht Karriere: „Wir waren Alleinimporteur für Jack Daniels Whiskey“
Amanda Chuwa fängt als Kellnerin in einem japanischen Restaurant an. Der Inhaber des Restaurants handelt online auch mit Autos. Als 2010 ihre Tochter Charity zur Welt kommt, bietet ihr Chef ihr dann die Möglichkeit, vormittags im Autohandel zu arbeiten und sich nachmittags um ihre Tochter zu kümmern. Später macht sie eine Zeitlang beides: morgens Autos verkaufen, abends kellnern. „Das waren lange Tage und es hat ein paar Jahre Spaß gemacht“, so Chuwa. Doch dann wird es Zeit für einen Wechsel.
Ein französischer Wein- und Spirituosen-Importeur aus der Hafenstadt Daressalam plant die Eröffnung einer Filiale in Arusha und bietet ihr die Leitung an. „‚Das kann ich nicht!‘, habe ich gesagt und er hat geantwortet: ‚Ich glaube an dich, du schaffst das!‘“, lacht sie. Mit ihren Erfahrungen und ihrem Verkaufstalent und drei Mitarbeiterinnen macht sie bald mehr Umsatz als die Kollegen am Stammsitz der Firma. „Wir waren der Alleinimporteur für Jack Daniels Whiskey und hatte gute Weine aus Frankreich und Südafrika im Angebot!“, so Chuwa.
Ende 2017 soll sie für ihren Erfolg mit einer Reise in die Jack Daniels Distillery nahe Nashville in Tennessee, USA belohnt werden. Doch Amanda Chuwa hat andere Pläne.
Im Internet hatte sie einen Mann aus Schwerin kennengelernt. War er vielleicht der Richtige? Sie nimmt Urlaub und besucht ihn in der Landeshauptstadt. Er kommt nach Tansania und die beiden heiraten. „Ich hatte ein gutes Leben und er hätte nach Tansania kommen können. Er wollte nicht.“
Wie sich das Leben in Tansania von dem in Schwerin unterscheidet
Amanda Chuwa zieht mit ihrer Tochter nach Schwerin. „Das Leben hier ist so anders als in Tansania. Das hatte ich nicht gedacht. Ich bin krank geworden vor Heimweh. Ich dachte, ich werde verrückt: Du kannst nicht auf den Balkon gehen und einfach mit den Nachbarn reden, ich kann nicht spontan zu dir kommen ohne Termin. Im Deutschkurs hatte ich immer Kopfschmerzen. Mir hat die lebendige Gemeinschaft gefehlt“, so Chuwa.
„In der Facebook-Gruppe ‚Schweriner helfen Schwerinern‘ haben mir Leute geraten, in der Altenpflege zu arbeiten. Als ich 2019 im Augustenstift anfing zu arbeiten, wurde es schnell besser. Die Kollegen dort sind top! Das Wichtigste ist nicht der Verdienst, es ist die gute Atmosphäre. Und es sind die freundlichen Bewohner“, strahlt sie.
Die Vereinigte Republik Tansania liegt in Ostafrika am Indischen Ozean. Im Norden grenzt Tansania an Kenia und Uganda, im Westen an Ruanda, Burundi und die Demokratische Republik Kongo und im Süden an Sambia, Malawi und Mosambik. Das Land ist für seinen Naturreichtum bekannt. In den Ebenen des Serengeti-Nationalparks sind die sogenannten „Big Five“ (Elefant, Löwe, Leopard, Büffel, Nashorn) heimisch. Im Kilimandscharo-Nationalpark liegt Afrikas höchster Berg. Vor der Küste liegen die tropischen Inseln Sansibar und Mafia mit einem Meerespark inklusive Walhaien und Korallenriffen.
Tanganjika, wie das Festland Tansanias inklusive der Insel Mafia genannt wird, wurde 1961 von Großbritannien unabhängig und verband sich 1964 mit Sansibar. Das Staatsgebiet umfasst etwa die zweieinhalbfache Fläche Deutschlands.
Hauptstadt des Staates ist Dodoma, die größte Stadt ist jedoch die Küstenstadt Daressalam. Der Hafen dient als regionale Drehscheibe für den Warenverkehr von und nach Ostafrika.
Das Land gilt als politisch und sozial stabil. Tansania zählt zu den leistungsstärksten Volkswirtschaften in Subsahara-Afrika. Die Regierung engagiert sich dafür, die Korruption zu verringern, die staatlichen Einnahmen zu steigern und die Gesundheits- und Wasserversorgung zu verbessern. Der Bausektor, die Landwirtschaft, die Nahrungsmittelindustrie und der Bergbau sind die größten Wachstumsbereiche.
Bislang ist es nicht gelungen, die Armut im Land spürbar und dauerhaft zu verringern. Ein Grund dafür ist das sehr hohe Bevölkerungswachstum. Die Einwohnerzahl (65,5 Millionen) ist in den vergangenen zehn Jahren um fast 40 Prozent gewachsen, das Durchschnittsalter beträgt 18 Jahre.
Der Mann war nicht der Richtige. Amanda Neema Dominik Chuwa geht auch ohne ihn ihren Weg. Diesen Sommer war sie mit ihrer Tochter auf eigene Faust zwei Wochen in den USA, hat sich dort auch die Jack Daniels Whiskey Brennerei angesehen. Beide sind inzwischen deutsche Staatsbürger. „Schwerin ist unser Zuhause. Mindestens für die nächsten zehn Jahre. Und dann sehen wir weiter“, lacht sie zuversichtlich.