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Schweriner Geschichte Der lange Weg zur Werderstraße

Von GEST | 30.10.2016, 09:00 Uhr

Baugrund am Beutel macht seit mehr als 100 Jahren große Probleme bei Bauarbeiten

An der Werderstraße wird aktuell zwischen Marstall und Werderhof kräftig gebuddelt. Das ist bitter nötig, um die Versorgung der Schweriner mit Wasser und Gas ohne Störungen aufrecht zu erhalten. Denn die jetzt in der Erde liegenden Leitungen sind gefährdet. Der Knackpunkt: der unsichere, sumpfige Baugrund.

Für die Wasserleitung wurden zu DDR-Zeiten Muffenrohre verlegt. Weil der Baugrund arbeitet, drohten diese auseinander gezogen zu werden. Jetzt werden verschweißte Plastikrohre verlegt, die die Bodenbewegungen mitmachen können, ohne dass es zu Undichtigkeiten kommt. Und weil ohnehin gebuddelt werden muss, wird auch gleich eine neue Gasleitung verlegt.

Weil die Bodenverhältnisse schwierig sind, wurde schon eine Abwasser-Druckleitung vom alten Klärwerk in der Bornhövedstraße in Richtung Klärwerk Süd im Bereich des Beutels auf ganz spezielle Weise verlegt. Pfähle sind in den Boden getrieben worden, auf denen anschließend die Leitung verlegt wurde.

Bereits zur Bundesgartenschau vor sieben Jahren gab es Probleme am Beutel. Dort hatte die Stadt bekanntlich den neuen Platz gebaut. Wegen des komplizierten Untergrunds liefen damals die Kosten aus dem Ruder. Und damit nicht genug: Das auf der gegenüber liegenden Wasserseite stehende Bootshaus wurde aus den Angeln gehoben, weil dort der Seegrund hoch kam. Die Situation ist nicht besser geworden: Ein paar Meter weiter in Richtung Amtstraße muss der neue Hort für die Heineschule auf bis zu 18 Meter lange Pfähle gestellt werden.

Die heutige Werderstraße ist schon lange das Sorgenkind der Stadt. Historisch gesehen besteht sie aus drei Teilen, sagt der Chef des Stadtarchivs, Dr. Bernd Kasten: aus der schon 1819 bestehenden, von der Amtsstraße zum Schelfwerder führenden „Werderallee“, der 1864 vom Alten Garten zum Marstall gebauten „Annastraße“ und der 1910 zwischen Marstall und Amtstraße errichteten „Alexandrastraße“.

Demmlers Verschönerungsplan sah 1863 bereits eine Verlängerung der Werderallee zum Marstall vor, aber dieser letzte Teil war am schwierigsten zu bauen. Der Magistrat der Stadt hatte 1889 den Bau einer Straße in der berüchtigten „Sumpfniederung“ am Beutel vorgeschlagen – scheiterte aber am Einspruch der Landesregierung, „die die Bebauung der tief gelegenen Grundstücke weder für wahrscheinlich noch aus ,sanitären Gründen für wünschenswert hielt“, wie Kasten herausgefunden hat. Doch die Lücke zwischen Werderallee und Annastraße machte sich immer störender bemerkbar, so dass sich Magistrat und Landesregierung 1905 doch noch einigten. „Auch hohe Summen ängstigten den Magistrat jetzt nicht mehr, da es um die ,Schaffung eines besonders schönen Stadtteils ging.“ 119 000 Mark kostete der Straßenbau, hat Kasten herausgefunden.

Ursprünglich war der Beutel wohl nur wenig größer als heute, das Ufer jedoch sehr sumpfig. In den 1920er-Jahren gab es an der Alexandrastraße einen Schuttabladeplatz. Durch diesen abgeladenen Schutt wurde das Gelände einerseits befestigt, andererseits auch etwas erhöht. Und der Beutel wurde etwas kleiner. „Seit ungefähr 1930 vermutlich bis in die 1960er-Jahre entluden Schiffe, die Kohle für die Firma Franz A. Moll transportierten, hier ihre Ladung. An die Kohlenhandlung erinnert heute noch das Moll-Haus im Werderhof.