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Milchbauern hören auf Cramonshagen schafft die Kühe ab

Von HEIP | 17.10.2016, 05:00 Uhr

Landwirtschaftliche Erzeugergemeinschaft stellt die Milchviehhaltung in Böken ein: Grund ist der Preisverfall

Die Landwirtschaftliche Erzeugergemeinschaft (LEG) Cramonshagen gibt die Milchproduktion auf: Die meisten der 400 Milchkühe im Bökener Kuhstall sind schon weg. „Die restlichen werden bis Mitte November verkauft“, sagt David Kurek. Er ist Vorstandsvorsitzender der LEG. Den Großteil der Tiere hat die Erzeugergemeinschaft an Milchviehbetriebe in MV und Schleswig-Holstein verkaufen können, einige wurden zum Schlachthof gebracht.

Schon im Sommer haben sich die Mitglieder der LEG entschieden, den Betriebsteil in Böken aufzugeben. Einstimmig. Der Grund: Die Milchwirtschaft ist seit Langem unrentabel. Die Verluste mussten quersubventioniert werden. Das heißt: Mit Gewinnen aus dem Ackerbau wurden die Verluste ausgeglichen. Derzeit bekommen die Cramonshagener für die abgelieferte Milch 23 Cent je Liter. Vor zwei Jahren waren es noch 43 Cent.

Aber ein anderer Grund war noch ausschlaggebend für diesen Schritt. Der Kuhstall in Böken ist sehr alt und stark sanierungsbedürftig. Nach der Wende wurde zwar mal ein „bisschen was gemacht“, aber das war es auch schon. „Wir hätten jetzt viel Geld in die Hand nehmen müssen, um den Investitionsstau aufzuheben“, sagt der Vorstandsvorsitzender. „Das Risiko war uns zu groß.“ Denn die Preisschwankungen auf dem Milchmarkt sind groß. Mal läuft es gut, dann wieder lange Zeit schlecht. Die LEG hat wenig natürliches Grünland, das macht die Kuhhaltung nicht leichter.

Diese Gründe haben die Mitglieder bewogen, sich von der Milchproduktion zu verabschieden und sich künftig voll und ganz auf den Ackerbau zu konzentrieren. Die sieben Beschäftigten im Kuhstall kommen in anderen Milchbetrieben in der Region unter, erzählt Kurek. Das sei ein Glück.

Fest steht, dass der Kuhstall abgerissen wird. Das soll nicht gleich geschehen. Das braucht ein wenig Zeit. Die Bökener werden nicht traurig sein, wenn die Anlage in ihrem Dorf verschwindet, sagt Kurek. Es gab immer wieder mal Klagen, wenn in aller Frühe die Traktoren durchs Dorf fuhren und Stroh auf dem Gelände abluden. Die Nebengebäude hingegen bleiben vorerst als Lagerhalle – etwa für Dünger oder zum Unterstellen von Maschinen – erhalten.

Sind die Kühe weg, fällt auch kein Dung mehr an, mit dem der Biogasanlage der Genossenschaft bislang „gefüttert“ wurde. Kurek: „Die Anlage wurde 2002 in Betrieb genommen. Mittlerweile hat sie technische Probleme.“ Da sei es nur folgerichtig, den Biogasbetrieb einzustellen. Das erfolgt Ende des Jahres.

Leichten Herzens geben die Cramonshagener ihren Milchbetrieb nicht auf. „Wir haben im Vorfeld ausführlich darüber gesprochen. Sogar in Erwägung gezogen, auf der grünen Wiese einen neuen, modernen Stall zu bauen für mindestens 500 Milchkühe.“ Letztlich sei man von dieser Idee wieder abgerückt. Ställe dieser Größenordnung finden in der Gesellschaft immer weniger Akzeptanz, sagt der 36-Jährige. Hinzu komme die Verschärfung der Düngeverordnung. Das Ausbringen der Gülle werden immer strenger reglementiert. Eigentlich, so fährt der Landwirt fort, gehören Ackerbau und Tierhaltung zusammen, bilden sie doch einen Kreislauf. Aber Wunsch und Realität…

Die LEG hat jährlich 3,3 bis 3,5 Millionen Liter Milch abgeliefert. Im Durchschnitt gab jede Kuh 9000 Liter Milch im Jahr. Damit aber sei die Genossenschaft auf dem freien Milchmarkt nicht konkurrenzfähig, sagt Kurek. Gleichwohl steht die Frage, ob die Kühe immer und immer mehr Milch liefern sollen. „Ist das noch eine gesunde Entwicklung?“, fragt er sich.

Fördermittel für die Stabilisierung der Milchpreise zu gewähren, hält Kurek für einen falschen Weg. Das sei eine nicht funktionierende Marktbeeinflussung. Er wolle nicht Jammern und auch nicht immer Bittsteller sein. Wenn zu viel Milch auf dem Markt ist, sinkt der Preis, ist zu wenig da, steigt er wieder. Das sei schon jetzt absehbar. Der Preis klettert langsam wieder in die Höhe. Aber bei diesem ständigen Auf und Ab wolle die LEG nicht mehr mitmachen.

David Kurek geht davon aus, dass die Cramonshagener Genossenschaft besser dastehen wird, wenn sie sich auf den Ackerbau konzentriert. 1150 Hektar – davon sind 50 Hektar Dauergrünland – bewirtschaftet sie. Angebaut werden Raps, Weizen, Gerste und Mais an.

Die LEG Cramonahagen ist nicht der erste Landwirtschaftsbetrieb, der die Milchproduktion einstellt. Das ist schon in Grambow und Demen passiert, Holthusen legt eine „Milchpause“ ein.