Agrargemeinschaft Holthusen setzt auf den Anbau fast vergessener Feldfrüchte – Ernte landet nicht nur im Futtertrog der Milchkühe

„Es ist das Soja des Nordens“, sagt Brigitte Roost-Krüger und blickt über die weiten Felder am Ortsrand. Eine dichte Decke aus buschig grün-gelben Lupinenpflanzen erstreckt sich bis zum Horizont. Das ist ein Teil der 140 Hektar, die die Agrargemeinschaft Holthusen in diesem Frühjahr mit der blauen Süßlupine bestellt hat. Es ist bereits das zweite Mal, sagt die Geschäftsführerin. Schon 2015 hat sie das Förderprogramm „Vielfältige Kulturen“ genutzt und Süßlupinen auf 100 Hektar der Agrargemeinschaft angebaut. „Bei einem Mela-Besuch habe ich dann den Lupinenstand entdeckt, wurde neugierig und habe mich informiert. Das Ergebnis: Wir sind Mitglied im Lupinen-Netzwerk geworden“, sagt Brigitte Roost-Krüger. Einen dicken Aktenordner hat die Landwirtin mittlerweile angelegt – Info-Material und allerhand Veröffentlichungen hat sie zu dieser Ackerfrucht gesammelt. „Leider sind alle Studien und Anbauberichte aus dem Jahr 2007. Neue Erkenntnisse sind nur schwer zu finden“, sagt sie und erzählt von vielen Recherche-Abenden vor dem heimischen Computer.
Zur Praxis - Anbau und Wert |
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Es wird unterschieden zwischen endständige und verzweigten Sorten. Sie kann als Haupt- oder Zwischenfrucht angebaut werden. Das Ertragspotenzial liegt zwischen 25 und 40 dt/ha. Ausgesät wird sie im März/April. Zwischen 90 und 120 Körner werden pro Quadratmeter ausgelegt. 2015 wurden Lupinen auf 29.800 Hektar angebaut.In Mecklenburg-Vorpommern waren es 5200 Hektar. Die Lupine hat geringe Standortansprüche. Sie verfügt über ein sehr tiefes und leistungsfähiges Wurzelnetz - so ist der Düngebedarf äußerst gering. Eine Grunddüngung ist nicht notwendig, sondern über die Fruchtfolge abgedeckt. Wie alle Körnerleguminosen geht die Blaue Lupine eine Symbiose mit Knöllchenbakterien ein, daher ist eine Stickstoff-Düngung nicht erforderlich. Der gesamte Stickstoff-Bedarf kann über die Knöllchenbakterien abgedeckt werden.Landwirte nutzen die Lupine zur Erzeugung von hochwertigem Eiweißfutter. Die Lupinen haben mit 34-44 Prozent den höchsten Eiweißgehalt der einheimischen Körnerleguminosen. Schädlingen sind unter anderem der Blattrandkäfer. Weitere Informationen gibt es unter: www.lupinen-netzwerk.de |
Dabei ist sie auch auf die Verarbeitung in der Lebensmittelindustrie gestoßen: Kaffee, Eis, Milch und sogar Wurstprodukte aus beziehungsweise mit Lupinen gibt es. „Zum Tag des offenen Hofes wollten wir das unseren Gästen präsentieren, dann hatte der Händler kurzfristig abgesagt“, erzählt Brigitte Roost-Krüger. Doch wer sie kennt, weiß, dass sie sich von solchen Sachen nicht vom eigentlichen Plan abbringen lässt. „Ich habe dann die Bohnen genommen und zwei Stunden lang in der Pfanne geröstet, gemahlen und selbst Kaffee hergestellt“, sagt sie und serviert eine Tasse frisch aufgebrühten Lupinen-Kaffee. Würzig und ähnlich wie Muckefuk schmeckt der Kaffeeersatz. Und da auf dem Hof in Holthusen auch Bauernhof-Eis zum Repertoire gehört, hat die Landwirtin auch hier mit Lupinen aus der eigenen Ernte experimentiert. „Mit reifen Stachelbeeren haben wir es verfeinert und es kam gut an“, fügt sie hinzu.
Doch die Lupine steht eben nicht nur auf der Speisekarte für Zweibeiner. Zwar habe die Agrargemeinschaft derzeit keine Kühe. Geplant ist aber, einen neuen Stall zu bauen und zum Herbst 2017 wieder in die Milchproduktion einzusteigen. Um auf genmanipuliertes Soja verzichten zu können, setzen die Holthusener nun auf die blaue Süßlupine. „Wir haben das bereits im vergangenen Jahr ausprobiert und langsam auf Lupine in der Futtermischung umgestellt. Die Erfahrungen waren durchweg positiv“, sagt Heidi Döscher, die zuständige Mitarbeiterin für die Tierproduktion. Zwar sei die Menge an Süßlupinen etwas größer, um die Sojaschrotration zu ersetzen, damit am Ende das gleiche Ergebnis erzielt werden kann. „Aber dafür ist es wesentlich günstiger“, ergänzt Heidi Döscher.
Derzeit sind keine Milchkühe im Stall – also wohin mit der Süßlupinenernte? Alles ins Eis oder als Kaffee verkaufen? Brigitte Roost-Krüger lacht: „Nein. Wir verkaufen die Ernte nach Holland. Die Nachfrage ist groß. Wir haben selbst gestaunt“, sagt sie und erzählt, dass auch die bevorstehende Ernte schon so gut wie verkauft sei. In Deutschland zahlt der Händler derzeit 200 Euro für die Tonne. Nicht viel, für eine Tonne Soja sind es um die 370 Euro und für Weizen sind es etwa 160 Euro.
Der Mähdrescher, mit dem die Lupinen vom Feld kommen, wird Ende Juli loslegen. Und noch einen Tipp hat die Landwirtin: „Am besten lassen sie sich morgens und abends dreschen, wenn es nicht ganz so heiß und trocken ist. Denn sonst platzen die Schoten zu schnell auf und die Ernte landet auf dem Boden.“