Söhne des französischen Kriegsgefangenen Joseph René Dailler besuchen Mecklenburg
Am Anfang stand eine Postkarte von Alt Meteln, die der Zwangsarbeiter Joseph René Dailler 1945 an seine Familie in Frankreich schickte. Die Karte sowie ein Tagebuch spielten eine wichtigen Rolle bei der Spurensuche der Brüder Paul und Roger Dailler. Am Wochenende waren die Söhne von Joseph René Dailler zum dritten Mal in Deutschland, trafen sich mit Freunden und Sachkundigen und fuhren mit vielen neuen Informationen heim.
Ein wichtiges Thema waren die Arbeitslager. Paul und Roger Dailler besuchten die Alt Metelner Familien von Hans Rotermann, Otto Wulf und Horst Fischer, die als Kinder die Zwangsarbeiter und deren Arbeitsstätten kannten und daher Informationen weitergeben konnten. Die Gäste aus Frankreich fuhren nach Wismar und Boltenhagen – zu anderen Einsatzorten von Zwangsarbeitern. Auch die Besichtigung des Gutshauses von Rubow sowie Begegnungen mit dem Heimatforscher und Chronisten Herbert Remmel waren informativ, zumal Joseph René Dailler in der Nähe von Rubow in ein Zwangslager gesteckt wurde und dort bei eisiger Kälte und Hunger schwere Arbeiten verrichten musste.
Beim Erzählcafé in den Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin las Paul Dailler Passagen aus dem Tagebuch seines Vater vor. So erfuhren die Anwesenden, dass Josef René Dailler am 3. November 1940 in den Krieg gehen musste. Kurze Zeit später geriet er in Gefangenschaft, kam am 20. November mit 40 Häftlingen in das Strafgefangenenlager 2 A nach Neubrandenburg.
Er schreibt in sein Tagebuch: „Wir wurden in Viehwaggons verladen und waren bei eisiger Kälte, ohne Strom und Wasser, wenig Luft zum Atmen und kaum Nahrung vier Tage lang unterwegs. Das waren die schlimmsten Tage meines Lebens... Hier komme ich niemals wieder heraus.“
Ein paar Wochen später kam Joseph René Dailler ins Zentrallager Schwerin-Zippendorf. Die Gefangenen mussten ein Materiallager, Eisenbahnlinien und Stromleitungen bauen, fällten Bäume zur Errichtung weiterer Lager. Paul Dailler schilderte mit bewegenden Worten Sehnsüchte, Ängste und Hoffnungen, die sein Vater im Tagebuch verewigt hatte.
Im Juli 1941 wurden 190 Strafgefangene nach Alt Meteln geschickt, um dort die Bauern zu unterstützen. Sie wurden freundlich empfangen. Einige von ihnen wohnten im Gasthof und halfen bei der Feldarbeit. Die Lebensbedingungen auf den Lande waren im Vergleich zu denen im Lager sehr gut. Die Gefangenen bekamen genügend zu essen, konnten an freien Wochenende andere Strafarbeiter besuchen. Doch nach einem Brand 1944 kamen Joseph René Dailler und weitere Zwangsarbeiter auf eine andere Bauernstelle, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten mussten. Ein Jahr später gelang dem Franzosen und einigen seiner Kameraden die Flucht. Im Trubel zum Kriegsende erreichten sie Koblenz. Amerikanische Alliierte gaben ihnen einen Laster, so gelangten die Franzosen zu ihren Familien.
Zum Abschluss der Mecklenburg-Reise gab es einen deutsch-französischen Abend in der Heimatstube Alt Meteln. Dort kamen weitere Zeitzeugen zu Wort, sie sprachen über ihre Kriegserlebnisse.
Während des Besuchs entstanden viele neue Freundschaften. Roger Dailler schlug Partnerschaften zwischen der deutschen und französischen Kommune vor und versprach, sich darum zu kümmern.
