Duft, Aroma und Würze: Im Wangeliner Garten fand gut besuchter Kurs zu Bestimmung und Verarbeitung von Kräutern statt
In der Glasveranda des Lehmhauses liegt ein unscheinbares Häuflein angetrockneter Brombeerblätter auf dem Boden. Fünfzehn Menschen sitzen drumherum im Stuhlkreis, betrachten die dunklen Blattfragmente und lauschen Kursleiterin Almut Roos. Es ist Kräutertag im Wangeliner Garten und die Unscheinbarkeit von Kraut oder auch „Unkraut“ spielt hier keine Rolle, sondern das, was die Pflanzen in sich haben.
Duft, Aroma, Würze spenden auch die äußerlich scheinbar belanglosesten unter den Kräutern, aber auch die giftigen schauen uns am Wegrand – oder von wo auch immer – ganz harmlos an. Wie wichtig also, die Substanzen zu kennen und zunächst genau zu wissen, wie die Kräutlein aussehen. Hört man Almut Roos vom Verein „Natur im Garten MV“ zu, kann einem allerdings auch schwindlig werden und man versteht: Es ist ein weites Feld, auf dem die Kräuter wachsen, und vielfach ähneln sie sich. Um so besser, dass der Kurs sich auch im Garten – immerhin der größte Kräutergarten Mecklenburgs – auf eine bestimmte Anzahl von Pflanzen und ihr konkretes Vorhandensein beziehen konnte.
Neben Erkennen und Sammeln war die richtige Verarbeitung der Pflanzen Thema. Oder, wie Almut Roos es ausdrückte: „Wie mache ich Aromastoffe haltbar?“ Da kann bereits ein umgedrehter Stuhl weiter helfen. Über die Beine spannt man ein Trocknungsgitter, selbst die alte Gardine ist dafür brauchbar. Der Grund für den Aufwand: Nicht alle Kräuter darf man zu Sträußen gebunden kopfüber aufhängen, auch wenn es sehr malerisch aussieht. Pflanzen mit wolligen oder sehr großen Blättern sollten auf dem Gitter oder auch bei fünfzig Grad im Backofen getrocknet werden. Wenn durch Fermentieren Tee entstehen soll, lernen die Anwesenden, müssen beispielsweise die Brombeerblätter leicht anwelken. Dann werden sie im Rhythmus von 24 Stunden immer wieder geknetet und danach in ein Stofftuch so fest wie möglich eingewickelt und verschnürt, bis das Produkt wie Tee aussieht. Hat man Tee einfach nur durch Trocknung erzeugt, gilt nach der Kräuterkundigen, die Pflanzen nur grob zu zerteilen, bevor sie in Dose oder Glas aufbewahrt werden. Das feine Zerbröseln sollte unmittelbar vor Nutzung erst geschehen. So geben die Pflanzen ihre Wirkstoffe wirklich frisch und intensiv ab.
Irgendwann ging es dann hinaus. Die Kursteilnehmer hatten einen Kräuterstrauß mit erklärt beruhigender Wirkung zusammenzustellen, nämlich aus Johanniskraut, echter Kamille und Schafgarbe. Eine relativ einfache Aufgabe, aber auch aus dieser schlüpften unterwegs eine Menge Fragen der meist weiblichen Kräuterlehrlinge. Auffällig war es schon, dass dieser Kurs bis auf zwei männliche Teilnehmer aus Frauen bestand, die im Übrigen auch schon einiges an Wissen mitbrachten. Ist die Kräuterleidenschaft also auch heute noch weiblich, wirkt untergründig immer noch die Tradition der Kräuterkundigen, der heilenden Frau nach? Ihre Urururgroßmutter, die sehr viel über Kräuter gewusst habe, sagte eine der Teilnehmerinnen, sei auf Grund ihres Wissens noch als Hexe verbrannt worden. Aber die Gründe für den Besuch dieses Kurses und die Art der Leitung durch Almut Roos sind offensichtlich handfest und praktisch, um Historie ging es nicht. „Ich möchte ein thematisches Kräuterbeet anlegen“, sagt Kursteilnehmerin Hannah Kirchmeier zum Beispiel. Und das heißt, dass sie die Ordnung der Pflanzen nach ihrer jeweiligen Nutzbarkeit gestalten möchte. Schlussendlich sollen Öle, Essig, Tee, Likör und so fort erzeugt werden. Und Landschaftplanerin Almut Roos, die ihre Kenntnisse bescheiden hinter denen von Botanikern einordnete, entsprach mit ihrem jedenfalls sehr profunden Wissen den vielen Anliegen und Fragen reichlich – und geduldig. Für diesen Kurs hat wohl niemand sein Geld umsonst ausgegeben.

