Wandel im Leben von Rudi Meyer aus Lübz / Mit Wannen und Schläuchen als Kind warmes Wasser zum Duschen produziert
Rudi Meyer war der letzte von einst vier Fleischermeistern mit privat geführtem Geschäft in Lübz. Bis Ende 2014 bot er nach der bereits vorher erfolgten Schließung von zwei Filialen in der Plauer Straße vier Jahrzehnte lang Fleisch und Wurst an, stellte bis zum Schluss rund 25 Produkte in Handarbeit her und schlachtete nur wenige Jahre davor sogar noch selbst, bis neu aufgelegte EU-Normen dies nicht mehr zuließen. Nicht wegen grundlegender Dinge wie eines fehlenden Fettabscheiders oder einer nicht vorhandenen Blutwanne etwa, sondern weil beim Gebäudekörper ein paar Zentimeter fehlten...
Ein weiteres Fachgeschäft in Lübz war damit ab Silvester 2014/2015 verloren. Die Zahl der Stammkunden, die auf hohe Qualität ihrer Lebensmittel setzten, weil sie hier genau wussten, woher das kommt, was sie in die Hand bekommen, ohne dafür übermäßig viel bezahlen zu müssen, war letztlich zu gering. Erschreckende Filme von massenhaft in viel zu kleinen Buchten zusammengepferchten Schweinen etwa, die sich gegenseitig blutig beißen, waren nicht allgegenwärtig wie gerade jetzt wieder und in Plastik abgepackte Wurst galt lange als unschlagbar. Dabei warnte auch der Mann mit dem sympathisch-kräftigen Händedruck bereits vor mehreren Jahren: „In den riesigen Zuchtanlagen bekommen die Tiere oft schon prophylaktisch Antibiotika, so dass diese eigentlich mit größter Vorsicht zu behandelnden Medikamente zunehmend bei Menschen keine Wirkung zeigen.“
Rudi Meyer zog sich mit seiner Frau in das vom Vater geerbte Haus zurück, wo er noch heute ein paar Tiere auch zur Eigenversorgung hält. Im Leben des Lübzers, früher Vertreter eines sehr alten wie verantwortungsvollen Handwerks, ergab sich vor einiger Zeit eine erstaunliche Wendung zur Moderne. Durch einen Freund erfuhr er von Solardachschindeln und -platten, mit denen man das Dach oder Wände seines Hauses eindecken könne, um das Gebäude mit Strom zu versorgen und zu beheizen – ohne Zweitschicht, wie etwa von über den Dachpfannen aufgebrachten Solarelementen bekannt. Als Nebentätigkeit vermittelt Meyer jetzt Aufträge. Die Argumente, im Idealfall keine Energiekosten mehr zahlen zu müssen und dass sich die Ausgabe für ein neu eingedecktes Dach wegen Zahlung der Einspeisevergütung und Erstattung der Mehrwertsteuer etwa langfristig gesehen auf null reduziere, habe ihn begeistert. Hat das Interesse auch einen persönlichen Grund? „Schon als Kind haben mich große Mühlen, mit denen Getreide gemahlen oder Strom erzeugt wurde, fasziniert. Wir sprangen damals mit aufgespannten Regenschirmen vom Scheunendach und produzierten mit Hilfe dort aufgestellter/ausliegender Wannen und Schläuche warmes Wasser zum Duschen, denn einen Boiler hatten wir 1960 noch nicht.“ Dies seien zwar nur kleine, aber auch für bleibendes Interesse grundlegende Versuche gewesen, die natürlichen Energiereserven der Natur zu nutzen.
Mit einem Kachelofen steht in Meyers Haus Am Kronsberg in Lübz neben einer nach der Wende eingebauten Gasheizung noch ein Vertreter ganz ursprünglicher Heiztechnik. Von ihm aus lassen sich sowohl Erd- als auch Obergeschoss durch dorthin führende Luftzüge beheizen. Als Zusatz soll er unabhängig jeglicher Erneuerung erhalten bleiben. Kommt letztlich auch hier die ganz neue Technik zum Einsatz? Mit 64 Jahren sei Meyer mittlerweile zu alt dafür, sagt er. Sollte sein Sohn das Anwesen übernehmen, werde das Dach umgedeckt.