Einjähriges Projekt soll Zertifizierung vorbereiten. Vom Schutz der Dunkelheit profitieren nachtaktive Tiere, der Mensch und der Naturtourismus
Wird der Naturpark Nossentiner/Schwinzer Heide bald „Sternenpark“? Deutschlandweit gibt es bislang lediglich drei davon - der Naturpark Westhavelland, das Biosphärenreservat Rhön und den Nationalpark Eifel. „Unser Naturpark hat auf jeden Fall das Zeug dazu, erster Dark Sky Park Norddeutschlands zu werden“, sagt Dr. Martin Labuda. Der 36-jährige Slowake kennt das 36 000 Hektar große und dünn besiedelte Gebiet im westlichen Raum der Mecklenburgischen Seenplatte. Vor zwölf Jahren absolvierte er hier sein erstes Studentenpraktikum an der Seite des stellvertretenden Naturparkleiters und Fledermausexperten Ralf Koch. Seinen Doktor im Naturschutz inzwischen längst in der Tasche leitet er heute das von der Norddeutschen Stiftung für Umwelt und Entwicklung genehmigte Sternenpark-Projekt.
Ziel ist es, die Dunkelheit der Nacht zu schützen oder wieder herzustellen. Ja, tatsächlich zählt die „Dunkelheit der Nacht“ zu den gefährdeten Bestandteilen der Umwelt. Ursache ist das (vom Menschen produzierte) Licht, das den Sternenhimmel über dichteren Siedlungen manchmal nur erahnen lässt, ihn über Großstädten aber nahezu verdrängt. „Man nennt das Lichtverschmutzung“, erklärt Martin Labuda. Bereits 2013 war der Naturpark Nossentiner/Schwinzer dahingehend untersucht worden. Mit dem Ergebnis, dass die Lichtverschmutzung in manchen Parkregionen bei nahezu null lag. „Das ist fantastisch“, sagt Labuda. Dieser Sachverhalt sei einerseits ökologisch von Bedeutung, z.B. beim Schutz nachtaktiver Organismen, könne andererseits aber auch für die Entwicklung touristischer Angebote genutzt werden. „Nicht des Massentourismus’“, betont der Projektleiter. „Vielmehr geht es um den Naturschutztourismus.“ Das Projekt zielt an dieser Stelle darauf ab, negative Auswirkungen auf die Natur zu minimieren. Auch könnten an ausgewiesenen Beobachtungspunkten, an denen praktisch die Lichtverschmutzung gleich null ist und die gut zugängig sind Profis, Amateure aber auch interessierte Laien Astronomietourismus hautnah erleben (siehe Karte oben).
Ganz wichtiger Aspekt hinter dem „Schutz der Dunkelheit“ ist der Mensch selbst. „Nur bei Dunkelheit sind wir in der Lage, Melatonin zu bilden“, sagt Martin Labuda. Melatonin ist ein Hormon, das in der Zirbeldrüse produziert wird und den Tag-Nacht-Rhythmus steuert. „Mit anderen Worten, ohne Melatonin findet der Körper nicht ausreichend Ruhe, Schlaf und Entspannung“, übersetzt Martin Labuda.
Ob der Naturpark (irgendwann) tatsächlich die Zertifizierung „Sternenpark“ erhält, hängt nicht zuletzt von den beteiligten 17 Kommunen ab. „Insofern haben wir in den nächsten Monaten einiges an Aufgaben zu leisten“, weiß Labuda. Nach der Erfassung der Lichtverschmutzung im kompletten Park, müsse die Beleuchtungssituation in den Gemeinden analysiert werden. Danach wird das Projekt-Team das Gespräch mit den Gemeinden suchen, in dem es immer wieder darum gehen wird, was getan werden könnte und müsste. Nämlich in erster Linie Energiesparkonzepte durch den Einsatz von innovativen Beleuchtungssystemen umzusetzen. Straßenlampen beispielsweise sollten tatsächlich nur Gehwege, Plätze und Straßen erhellen. Keinesfalls sollten sie in die Atmosphäre gelangen. Leuchtreklame etc. sind undenkbar.
Ein Jahr hat das Projektteam Zeit, möglichst die Basis für die Zertifizierung vorzubereiten. „Wenn die Kommunen mitmachen, könnte der Naturpark schon in zwei, drei Jahren Sternenpark sein“, ist Martin Labuda zuversichtlich.
