Am Dienstag um 10 Uhr findet ein Erörterungstermin zum „Repowering“ im Lutheraner Dorfgemeinschaftshaus statt. Es gibt umfassende Kritik von Einwohnern.
Ende Juli hatte das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg (kurz StALU) im Internet bekannt gegeben, dass die UKA Nord Projektentwicklung GmbH & Co. KG plant, in Lutheran eine neue Windkraftanlage zu bauen und zu betreiben. Als Ressort des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz ist die Behörde nach eigener Auskunft für den Vollzug bundes- und landesrechtlicher Vorschriften sowie Vorschriften der EU aus den Bereichen Landwirtschaft und Umwelt zuständig. Verteilt wurde die Information auch durch den Abdruck der Informationen im Amtsblatt.
Die zu eingangs genanntem Vorhaben gehörenden Unterlagen wurden vom 1. bis zum 31. August beim StALU in Schwerin und im Amt Eldenburg Lübz öffentlich ausgelegt. Bei beiden konnte man bis zum 14. September schriftlich Einwendungen einreichen. Am kommenden Dienstag, 1. November, werden diese ab 10 Uhr im Lutheraner Dorfgemeinschaftshaus nun öffentlich erörtert.
Bei dem Vorhaben geht es um „Repowering“. Dies bedeutet, dass zwei alte, insgesamt rund 87 Meter hohe Anlagen abgebaut und durch zunächst eine neue, rund 200 (!) Meter hohe am selben Standort ersetzt werden sollen – mit so genannter „Vollbefeuerung“ rund um die Uhr, weil die Windräder in der Einflugschneise des Parchimer Flughafens stehen. Dem Investor zufolge biete der Austausch viele Vorteile. Die neue Anlagengeneration nutze das Windangebot nicht nur besser aus, sondern lasse sich auch viel leichter in das elektrische Netz integrieren. Die erheblich höhere Leistung verringere zudem den Zubaubedarf, was das Landschaftsbild entlaste, und trotz der höheren Leistung hätten moderne Windräder eine deutlich geringere Umdrehungszahl: „Dies wird von vielen Menschen als angenehm empfunden“, heißt es im Internetportal des Unternehmens. Alte Anlagen, die häufig verstreut und nur wenige 100 Meter von Wohngegenden entfernt stehen, könnten in siedlungsferneren Parks gebündelt werden.
Spätestens hier setzt die Kritik von Rosemarie Haltinner und Birgit Breuer aus Beckendorf, Ortsteil von Lutherans Nachbargemeinde Granzin, an der Realität ein. Letztere hat einen 20-seitigen Widerspruch verfasst und auch im Namen weiterer Einwohner eingereicht. „Ich möchte, dass das Repowering auf einen anderen Standort verlegt wird. Bei uns stehen die Anlagen jetzt zwischen 500 und 700 Meter von rund 15 betroffenen Häusern entfernt. Besonders bei starkem Wind hört man die Rotorgeräusche in jeder Ecke des Hauses – auch bei geschlossenen Fenstern“, sagt Rosemarie Haltinner. Eine Chance habe man mit diesem Argument jedoch nicht, weil die neuen Rotorblätter spezialbeschichtet seien und nicht mehr so starke Geräusche verursachten. „Unvergleichlich schlimmer ist neben dem Schattenschlag der Infraschall, den man nicht hört, der aber durch alles dringt und alle nur vorstellbaren gesundheitlichen Schäden verursachen kann“, so die Beckendorferin. „Er greift die Zellen von Menschen, Tieren und Pflanzen an.“
Ein Blick auf den Bauplan zeigt, dass der gut doppelt so hohe Windrad-Nachfolger genau an der Stelle errichtet werden soll, wo jetzt noch ein altes steht. Die Kritikerin dazu: „Nach den jetzigen Vorschriften wäre das theoretisch auch möglich, nach den neuen, ab 2017/2018 geltenden jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr.“
In der aktuellen Diskussion um das Regionale Raumentwicklungsprogramm im Planungsverband Westmecklenburg ist im ersten Kapitel unter Punkt Nummer neun davon die Rede, dass künftig ein Abstand von siebenfacher Höhe des Windrades zu Wohnhäusern einzuhalten wäre, mindestens aber 1000 Meter. Wie gesagt: Noch keine Vorschrift. In Beckendorf würde dies für das geplante Vorhaben gegenwärtig einen Wert von 1400 Metern bedeuten, womit es in der Tat nicht umsetzbar wäre. Alle Werte sind auch im Internet unter www.westmecklenburg.de nachzulesen.
Im Juli hatten die Lübzer Stadtvertreter eine so genannte „Veränderungssperre“ für die Stadt und alle Ortsteile beschlossen. Ihr Bestandteil ist unter anderem, die „Konzentrationsflächen für Wind“ so einzugrenzen und in geordnete Bahnen zu lenken, dass sie bauliche Entwicklungsmöglichkeiten für Wohn- und Gewerbenutzungen in den nächsten 50 Jahren nicht erschweren oder sogar unmöglich machen. Außerdem hatte Bürgermeisterin Gudrun Stein erneut geäußert, dass man keine weitere Einkreisung der Stadt durch Windkraftanlagen zulassen wolle. Sie sei bereits stark vorangeschritten.
Wegen der nach ihrer Meinung schlechten Öffentlichkeitsarbeit des StALU fühlten sich die Anwohner in Beckendorf nicht einbezogen, so die Kritikerin – im Gegensatz zum Amt Eldenburg Lübz, wo man stets versucht habe, ihnen zu helfen. „Ich habe gelesen, dass der aus Meißen kommende Investor einen Landespreis für die gute Zusammenarbeit mit Kommunen erhalten hat“, sagt Rosemarie Haltinner. „Das ist ja positiv und ich werde die am Dienstag zur Erörterung kommenden Vertreter des Unternehmens fragen, wie sie bei uns dazu stehen.“
