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Stadtumbau in Wittenberge Zwischen Abriss und Neubau

Von hata | 11.05.2017, 12:00 Uhr

Stadt legt Konzept mit Visionen bis 2030 vor / Bürger können noch bis 19. Mai ihre Ideen und Hinweise mit einbringen

Was wird aus den Plattenbauten am Kulturhaus? Welche Pläne hat die Stadt für ihre Kita „Märchenland“? Wie sollten sich Wasserkante und Packhof entwickeln? Eckpunkte wollen die Stadtverordneten im Integrierten Stadtentwicklungskonzept (INSEK) festhalten. Noch bis 19. Mai können Bürger ihre Ideen mit einbringen. Über die Pläne sprach Redakteur Hanno Taufenbach mit Bauamtsleiter Martin Hahn.

Wo und wie können Bürger das Konzept einsehen?

Martin Hahn: Digital auf unserer Homepage oder ausgedruckt im Bürgerbüro.

74 Seiten gespickt mit Informationen, Zahlen und Grafiken. Bis zum 19. Mai bleibt den Bürgern nicht viel Zeit.

Es gab bereits im Zuge der einjährigen Bearbeitungen Beteiligungen. Jetzt geht es um den Blick auf den fertigen Entwurf. Ja, die Zeit ist knapp, aber es ist kein Alibi-Angebot. Wir sind interessiert an Ideen, Meinungen, Hinweisen. Je nachdem, wie erheblich diese sind, können sie nach Abstimmung mit den Abgeordneten mit einfließen. Und gegebenenfalls überarbeiten wir Passagen des Konzepts. Geplant ist die Verabschiedung im Stadtparlament vor der Sommerpause, Ende September wäre ein Ausweichtermin.

Wesentliche Grundlage ist die Einwohnerzahl bis 2030. Von welcher Prognose gehen Sie aus?

Mit unserer eigenen lagen wir bisher gut. Danach würde die Stadt pro Jahr etwa 100 Einwohner verlieren. Im Jahr 2020 hätten wir rund 17 000 und 2030 noch 16 000 Einwohner.

Also wird es ohne Rückbau von Wohnungen nicht gehen?

Richtig. Wir haben perspektivisch bis 2020 etwa 1800 Wohnungen zu viel. Bisher wurden etwa 2000 zurück gebaut. Das ist also erst die Hälfte.

Der Rückbau erfolgt wo?

Schwerpunkt wird das Allende-Viertel mit 950 Wohneinheiten sein. Langfristig wird es auch den Külz-Berg mit 500 Wohneinheiten betreffen. In der Innenstadt werden wir vorwiegend im Altbaubestand weiterhin den Rückbau betreiben müssen, weil wir teilweise eine ruinöse Bausubstanz haben.

Die Plattenbauten an der Nordseite des Paul-Lincke-Platzes sind nicht ruinös, aber auch nicht schön. Was passiert?

Auch hierfür suchen wir eine Lösung. Ein Teilrückbau nach 2025 ist nicht ausgeschlossen, würde den Bereich um das Kulturhaus aufwerten.

Schluss mit dem Thema Abriss. Gibt es auch Neubau?

Der Bau von Einfamilienhäusern nimmt zu. Jeweils 14 waren es in den zwei zurückliegenden Jahren. Es gibt Baugrundstücke, teilweise muss das Umfeld attraktiver werden. Aber es ist auch zu prüfen, ob zusätzliche Bauflächen auszuweisen sind, vor allem in Stadtgebieten, die bereits über eine Erschließung verfügen.

Wir werden schauen, wo es noch in der Stadt Baubedarf gibt und wie groß dieser ist. Abzuwarten bleibt, wie sich die Situation in den bestehenden Einfamilienhäusern mit einer Überalterung entwickelt.

Der von Ihnen genannte Begriff Speicher-Viertel ist neu. Gemeint ist doch das alte Packhof-Viertel oder?

Ja, um das geht es. Gerade die älteren Wittenberger kennen die Geschichte des Viertels, können den Namen einordnen. Die jüngere Generation weniger, und Speicher-Viertel hat ein besseres Image, lässt sich gerade mit Blick auf Hamburg und Berlin leichter vermarkten.

Damit sind wir in dem Stadtbereich angekommen, der im Konzept großen Raum einnimmt. Skizzieren Sie bitte einige der Pläne.

Wir fassen die Maßnahmen unter dem Titel „Brücke zur Elbe bauen“ zusammen. Es geht um eine Imageverbesserung für dieses innenstadtnahe Wohnquartier und eine touristische Entwicklung. Wir sprechen von Wohnhäusern im Bereich des Bebauungsplans Packhof Süd, vom Neubau von Stadtvillen, der Sanierung der Speicher sowie der Aufwertung des öffentlichen Raumes – Straßen, Wege, Plätze.

Etwa 20 Objekte sollen abgebrochen werden. Über eine Einbeziehung der Slipanlage in der Hafenstraße denken wir nach. Wir fragen uns, wie wir noch mehr Besucher ans Wasser bzw. den Wittenbergern das Wasser noch näher bringen können und wie wir das Wasser noch besser mit der Innenstadt verbinden.

Stichwort Speicher. Da sprechen wir gewiss über eine Investition in Millionenhöhe. Kann die Stadt das?

Wir gehen derzeit von einer privaten Finanzierung aus. Eine Vermarktung wird angestrebt.

Analog zum Denkmalprogramm, von dem die Wunderblutkirche in Wilsnack profitiert, gibt es eine nationale Städtebauförderung. Ist die für Wittenberge interessant?

Ja, grundsätzlich halten wir die Entwicklung des Bahnhofs für dieses Programm geeignet. Damit würden wir uns bewerben. Langfristig prüfen wir, ob auch die Speicher und das ehemalige Singer-Werk dafür geeignet wären.

Die Bevölkerung wird nicht nur älter, wir haben auch soziale Ungleichgewichte, Beispiel Kinderarmut. Wie gehen Sie mit diesem Thema um?

Wir streben eine Rückkehr in das Förderprogramm ,Soziale Stadt‘ an. Familienfreundlichkeit, Flüchtlinge integrieren, altersgerechte Infrastruktur sind Ziele, die wir mit unterschiedlichen Maßnahmen erreichen wollen.

Kinder brauchen Kitaplätze. Die Stadt selbst besitzt nur noch die Kita „Märchenland“ in der Sandfurttrift. Wie sehen die Pläne aus?

Wir wollen eine Kita in der Innenstadt erhalten. Zu prüfen und zu entscheiden ist, welche Kapazitäten müssen vorgehalten werden und soll eine Sanierung des Objektes erfolgen oder ein Neubau an einem anderen innerstädtischen Standort. Die Finanzierung dieses Vorhabens könnte zum Beispiel mit Fördermitteln aus dem genannten Programm ,Soziale Stadt‘ erfolgen.