Dafine und Haxhi Gashi sprechen über Weihnachten im Kosovo und über ihre neue Heimat in Perleberg
Andere Länder – andere Sitten. Das trifft insbesondere auf die Advents- und Weihnachtszeit zu. In unserer Serie „Weihnachten international“ geht es heute ins Kosovo.
Kein Adventskranz, keine Lichterkette. Wären die Bäume vor dem Fenster nicht laublos, könnte man meinen, es ist Sommer. In der Perleberger Neubauwohnung von Dafine und Haxhi Gashi erinnert nichts an Weihnachten. „Wir feiern dieses Fest nicht“, sagt er. Das Paar kommt aus dem Kosovo, einer kleinen Republik, die einst zu Jugoslawien gehörte. Sie sind Moslems.
In ihrer Heimat sind nur fünf Prozent der Bevölkerung katholisch, aber dennoch begegnet man Weihnachten im Alltag. „Die Straßen sind wie hier mit Lichtern geschmückt, Kaufhäuser, Hotels und Restaurants ebenfalls. All das hat sie in ihrer Kindheit begleitet, ohne dass in ihren Familien jemals der Weihnachtsmann Geschenke gebracht hätte.
„Als Kinder haben wir uns gefreut, dass Weihnachten keine Schule ist, später, dass wir arbeitsfrei haben“, sagt Haxhi Gashi. Genau wie in Deutschland sind es gesetzliche Feiertage. Die Katholiken gehen Heiligabend Mitternacht in die Kirche und an den Feiertagen gibt es statt Gans Spenotos Pite – ein Blätterteiggebäck mit Spinat. „Wir haben uns vor dem Interview bei Freunden nach Bräuchen erkundigt“, erzählen sie.
Aber auch in ihrem Kalender gibt es religiöse Feiertage, wie zum Beispiel Bajram – das islamische Opferfest. „Das feiern wir gemeinsam mit Freunden und in der Familie. Niemand soll an diesem Tag allein sein. Es gibt ein Festessen und Süßigkeiten. Das ist dann schon fast wie Weihnachten“, meinen sie lachend.
Das Zusammenleben von Moslems und Katholiken sei in ihrer kleinen Heimat kein Problem. Religion bestimme nicht ihren Alltag, es gebe keine Auseinandersetzungen. Ganz im Gegenteil: „Moscheen und Kirchen sind im Kosovo häufig im gleichen Gebäude und haben nur unterschiedliche Eingänge“, sagt er. Sie kenne kein anderes Land, wo das so sei, ergänzt seine Frau.
In der Silvesternacht unterscheide sich der Kosovo nicht von Deutschland. Auch wenn die Moslems offiziell kein Silvester feiern, seien die Menschen auf den Straßen, treffen Freunde, feiern in Gaststätten. Es wird geknallt und um Mitternacht gibt’s ein Feuerwerk.
In der ersten Zeit nach dem Bürgerkrieg hätten manche mit Waffen in die Luft geschossen. Das ist heute verboten. „Wer erwischt wird, muss für zwei Monate ins Gefängnis.“ Sie kennen solche Fälle, denn Dafine und Haxhi Gashi haben als Ärzte in einem Knast gearbeitet.
Sie lernten sich während ihres Medizinstudiums kennen. Die Jobaussichten in der einzigen Uniklinik des Landes seien schlecht, deshalb kam Haxhi Gashi 2013 nach Deutschland, absolvierte in Bayern einen Sprachkurs.
Er entdeckte eine Stellenausschreibung des Kreiskrankenhauses Perleberg, bekam die Zusage und arbeitet hier seit Januar 2014. Zunächst in der Psychiatrie, derzeit in der Geriatrie. Seine Frau ist ebenfalls Ärztin in der Psychiatrie, beide sprechen mittlerweile sehr gut Deutsch, aber es sei eine schwere Sprache.
Sie fühlen sich hier wohl, wollen in der Prignitz bleiben. „Wir fühlen uns akzeptiert, die Menschen hier sind sehr freundlich.“ Das sei in Deutschland nicht überall der Fall. Das erfahren seine Geschwister, die in Freiburg und Frankfurt am Main wohnen.
Mit Kollegen gehen sie bereits zu einer Weihnachtsfeier und beide ahnen, dass künftig auch in ihrer Wohnung ein Tannenbaum stehen wird. Dafine ist schwanger, der Geburtstermin ist der 17. Dezember. „Wenn unser Kind erst einmal in den Kindergarten geht, die Weihnachtszeit erlebt, dann werden wohl auch wir ein wenig Weihnachten feiern.“