16 Flüchtlingen lernten in den vergangenen Monaten bei Antonina Zado von der BI „Perleberg hilft“ ganz passabel Deutsch und noch einiges mehr
Es duftet nach Zimt und Rosinen, die Gartentische auf dem Gelände des CJD in der Reetzer Straße biegen sich fast unter der Last der vielen Leckereien. „Wir feiern heute Zuckerfest“, sorgt Adolat sogleich für Aufklärung. 16 Jahre ist er jung, kommt aus Afghanistan und hat gerade 78 Stunden Deutsch hinter sich. Ein bisschen konnte er die Sprache, „aber nur ein bisschen“. Jetzt kann er sich schon recht gut verständigen, „immerhin ist er einer meiner fleißigsten Schüler gewesen“, fügt Antonina Zado lachend an. Sie ist Mitglied der Bürgerinitiative „Perleberg hilft“ (BI) und bietet in diesem Rahmen den Sprachkurs an.
Ja, sie sei durchaus stolz auf ihn und auch auf ihre anderen Schützlinge, die sie inzwischen Ninajan (Ninalein) nennen oder wie Sara „meine Lehrerin“ oder einfach Frau Nina. Und umgekehrt kennt sie jeden beim Vor- und Nachnamen, weiß um die Familienverhältnisse und um die kleinen Schwächen und großen Stärken ihrer 16 Schützlinge.
Anfangs waren es sehr viele, 16 zogen letztlich durch, haben am Ende die Bescheinigung über die Teilnahme am Deutschkurs in den Händen. Adolat ist einer von ihnen. Mit dem neuen Schuljahr wird er am OSZ in Wittenberge die 10. Klasse besuchen. Maschinenbauingenieur möchte er werden, gelernt habe er aber schon Schneider und deutet dabei auf seinen älteren Bruder Taufiq. Der kann so gut schneidern, dass ihn Tanja Rausch – Leiterin des Mehrgenerationenhauses – sogleich für einen Kurs im Haus gewonnen hat.
Sarif (28) hingegen ist von Hause aus Kfz-Mechaniker. Er kommt aus Kabul und möchte diesen Beruf gern auch in Deutschland ausüben. Erst einmal hofft er aber auf einen Praktikumsplatz. Jafur ist bereits im Projekt „Perspektiven für Flüchtlinge“. Der gelernte Verkäufer schult jetzt praktisch zum Koch um und das mit Begeisterung.
Doch nicht nur junge Männern saßen im Deutschkurs der Bürgerinitiative. Leili, Taufis Frau, war bis zum 31. März dabei, am 1. April bekam sie ihr Töchterchen und einen Monat später wurde wieder Deutsch gelernt, mit Töchterchen. Immer, wenn sie sich die Sprache ihrer neuen Heimat aneignete, passte ihr Mann auf die zwei Kinder auf – und umgekehrt.
Ganz in Familie wurde die sprichwörtliche Schulbank gedrückt, Fereshtek (56) saß neben ihren beiden Töchtern Sara (27)und Melika (34), Muslime neben Christen, Frauen neben Männern „und es gab keine Probleme“, so ihre Lehrerin ehrenhalber. Denn von Hause aus ist Antonina Zado das nicht, aber sie weiß aus eigener Erfahrung, wie es ist, die Sprache eines anderes Landes lernen zu müssen. Mit dieser Erfahrung ausgestattet, versucht sie, Flüchtlingen den Alltag in Deutschland verständlich zu machen. Wie? Mit Stiften und Papier, anfangs viel mit Händen und Füßen oder es wurde gemalt, was dann einen Namen erhielt. Es wurde gesungen, geträllert oder die Körpersprache musste helfen. Längst spricht man jetzt miteinander Deutsch und Antonina Zado auch schon den einen oder anderen Brocken Persisch.
Ihre ersten Schützlinge schicken sich nun an, ihren eigenen Weg zu beschreiten. Wer noch keine Maßnahme oder keinen Praktikumsplatz in Aussicht hat, der macht im September weiter, bei Antonina Zado, dann schon im Fortgeschrittenenkurs. Dann wird das CJD die Räumlichkeiten in der Reetzer Straße stellen, und Tanja Rausch wird sich wieder um den Nachwuchs kümmern, wenn die Eltern Vokabeln lernen.