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Diskussion um Kreisgebietsreform Keine Einigkeit über Kreisstadt

Von HATA | 14.07.2016, 21:00 Uhr

Pritzwalker Abgeordneter Hartmut Winkelmann legt sich nicht auf Perleberg fest. Linke kritisieren ihre eigene Partei

Mit dem Landtagsbeschluss vom Mittwoch ist die Kreisgebietsreform politisch wohl nicht mehr zu stoppen (wir berichteten). SPD und Linke halten trotz der massiven Kritik an ihrem Kurs fest, auch die Prignitzer Abgeordneten Holger Rupprecht (SPD) und Thomas Domres (Linke) stimmten dem Leitbild zur Kreisreform zu. Die Meinungen im Kreistag über Fusion und den Sitz der Kreisstadt sind geteilt. Das hat die Diskussion auf der jüngsten Sitzung gezeigt.

Mehrheitlich werden eine Gebietsreform und eine Fusion abgelehnt, aber nicht einstimmig. Die kritischen Stimmen lassen an Deutlichkeit nichts vermissen. Der unveränderte Kurs der Regierungskoalition wird als „Starrsinnigkeit des Landes“ bezeichnet und die Reform als ein „Großprojekt Brandenburger Art“ in Anspielung auf so viele gescheiterte Großprojekte bis hin zur ewigen Baustelle BER, auf dem zwar keine Flugzeuge landen, aber der Monat für Monat Millionen Euro kostet.

Während die Landesregierung von einem Dialog mit den Bürgern spricht, erkennt Bernd Dannemann (Freie Wähler) nur einen Monolog. Hans Lange (CDU) warnte vor zu großen Flächenkreisen und führte als Argument ein aktuelles Beispiel an: „Jetzt konnten wir Probleme mit dem ÖPNV lösen, in einem Großkreis können wir so etwas vergessen.“

Landrat Torsten Uhe (parteilos) wählte die schärfste Formulierung: „Mit dieser Reform verspielt die Landesregierung ihre Glaubwürdigkeit.“ Uhe zitierte Aussagen des Ministerpräsidenten und aus dem Koalitionsvertrag, nach denen erst eine Funktionalreform kommen sollte, die dann Grundlage für eine Gebietsreform hätte sein sollen. Jetzt will die Regierung zuerst Großkreise bilden.

Christian Steinkopf (CDU) fragte: „Wir haben mehr Fachkräfte, nur weil wir größer sind?“ Hartmut Lossin (Kreisbauernverband) attestierte der Landesregierung eine „Schizophrenie“. Enttäuscht trat Bernd Polte (Linke) ans Mikro: „Ich selbst habe dem Koalitionsvertrag zugestimmt, aber das heutige Leitbild zur Reform ist nicht tragbar. Die Mehrheit der Bevölkerung steht nicht dahinter.“ Vergeblich forderte er seine Partei und seinen Abgeordneten Domres auf, „die Stimmung des Volkes aufzunehmen“.

Thomas Domres (Linke) steht seit langem hinter dem Regierungskurs und verteidigte das Vorhaben: Der Dialog mit den Kommunen sei offen geführt worden. „Es gibt im Leitbild über 50 Veränderungen, unter anderem was die Einwohnerzahlen in den Kreisen betrifft.“

Nach der Diskussion lehnte der Kreistag den Entwurf eines Leitbildes für eine Verwaltungsstrukturreform ab. Gegen diesen Beschluss votierten Thomas Domres, Torsten Diehn (SPD) und Karl-Heinz Brüdigam (Linke).

Ebenfalls nicht einstimmig war das Votum für den Erhalt des Kreissitzes in der Stadt Perleberg. Vier Abgeordnete folgten diesem nicht, unter ihnen Hartmut Winkelmann (Linke) aus Pritzwalk. Der Neuruppiner Kreistag sei zwar vorgeprescht, indem er sich für Neuruppin als künftige Kreisstadt aussprach. „Aber er hat Unsinn beschlossen, und wir sind dabei, den gleichen Unsinn zu beschließen.“ Winkelmann bezeichnete den Beschlussvorschlag als „kontraproduktiv“.

Winkelmann kritisierte die Stadt Perleberg im Beisein der Bürgermeisterin Annett Jura dafür, dass sie nicht mit den Pritzwalkern über dieses Thema gesprochen habe. „Wir haben erfahren was passiert, wenn man den Status als Kreisstadt verliert“, sagte Winkelmann. Deshalb wolle er sich nicht pauschal auf eine künftige Kreisstadt festlegen. „Nicht, wenn nicht mit uns gesprochen wird.“