Landwirtschaft : Die Zuckerrübe macht sich rar
Süße Ernte in der Agrargenossenschaft Grebbin könnte bald die Letzte sein. 2017 fällt die EU-Marktordnung, die Mindestpreise und Abgabemengen garantiert. Dann geben vermutlich viele Betriebe die Hackfrucht auf.
Lübz/Dargelütz Rübenhacken auf dem Acker. Damit verbinden sich viele Kindheitserinnerungen. Das Bild gehört der Vergangenheit an. Modernste Maschinen und Chemie machen das Hacken per Hand überflüssig. Doch jetzt dürfte selbst die Zuckerrübe in unserer Region rar werden.
Beispiel Agrargenossenschaft Grebbin: Ein großer Roder, der in rasantem Tempo neun Reihen am Stück die zuckrige Ernte aus dem Boden holt, dreht bei Dargelütz seine Runden. „Das macht ein Lohnunternehmer“, sagt Landwirt Reiner Stecker.
Auf 35 Hektar hat die Agrargenossenschaft Grebbin die Zuckerrüben angebaut. Stecker rechnet mit einer guten Ernte: 65 bis 70 Tonnen pro Hektar mit 17 Prozent Zuckergehalt. Der Zuckerrübenanbau – wenn auch auf kleiner Fläche – hat sich in den vergangenen Jahren gelohnt. Man konnte etwa das Anderthalbfache damit verdienen wie mit dem Getreide, sagt Stecker. Doch wahrscheinlich ist die diesjährige die vorletzte Zuckerrübenernte, erklärt der Landwirt.
Der Grund: 2017 fällt in der Europäischen Union die Marktordnung weg, die Mindestpreise und Abgabenmengen garantiert. Der hiesige Zucker-Markt ist noch abgeschottet. Dabei liegen die Preise auf dem Weltmarkt klar unter denen in Europa. Und sie sind in den letzten Jahren stark gefallen. Wenn die Marktordnung fällt, werde das Konsequenzen haben, befürchtet Frank Schiffner vom Landesbauernverband.
Die Basis für den Rübenanbau vieler Betriebe in der Region war die Zuckerfabrik in Güstrow. Seitdem der Eigentümer Nordzucker den Standort 2008 geschlossen hatte, haben viele Landwirte den Anbau der Hackfrucht aufgegeben. Die Ernte derjenigen, die übrig blieben, wird jetzt zum Nordzucker-Werk nach Uelzen in Niedersachsen gefahren. Über 100 Kilometer lang ist der Transport.
Bisher übernimmt Nordzucker die Kosten. Künftig, so ist im Gespräch, sollen die Landwirte wahrscheinlich die Hälfte tragen. Dazu kommt, so Stecker, müsste sein Betrieb Aktien für eine Viertel Million Euro erwerben, um die gleiche Menge wie bisher liefern zu dürfen. Und da schließlich die Mindestabnahmepreise nicht mehr gelten, rechnet es sich nicht.
Heute werden Zuckerrüben noch auf 24 000 Hektar in Mecklenburg-Vorpommern angebaut. Das sind rund zwei Prozent der Ackerfläche im Land, sagt Frank Schiffner. In Vorpommern, rund um die einzig verbliebene Zuckerfabrik des Landes in Anklam, die von dem niederländischen Unternehmen Suiker Unie betrieben wird, wachsen die Rüben auf rund 20 000 Hektar. Dort gab es dieses Jahr eine sehr gute Ernte und der Anbau habe auch eine Perspektive, schätzt Schiffner ein.
Fragezeichen stehen hingegen hinter dem Rübenanbau rund um die ehemalige Zuckerfabrik Güstrow. Hier sind nur weniger Anbauer übrig geblieben und die Fläche ist auf 4000 bis 5000 Hektar geschrumpft. Diejenigen Landwirte, die Aktienanteile bei Nordzucker besitzen, haben vermutlich noch gute Karten. Doch der Großteil besitze keine Aktien, sagt Schiffner.
Wie Reiner Stecker weiß, hat der Landesbauernverband lange darum gekämpft, dass statt der Aktien weiter die Lieferrechte gelten, die die Betriebe nach der Wende erhalten hatten.
Reiner Stecker sieht das Aus für die Zuckerrüben mit Bedauern. „Es ist die einzige Hackfrucht, die wir noch haben.“ Wenn die Zuckerrüben nicht mehr angebaut werden, sei das negativ für die Fruchtfolge.
Die geernteten Rüben warten jetzt am Feldrand auf ihren Abtransport nach Uelzen. Und die Felder wurden unmittelbar nach dem Roden neu bestellt mit Winterweizen.

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