
Am 11. Dezember beginnt das Pilotprojekt in der Region zwischen Parchim und Plau am See
Noch hört er nicht auf Rufe – aber schon bald. Am 11. Dezember soll mit dem Rufbus das bisher ambitionierteste Nahverkehrsprojekt des Landkreises Ludwigslust-Parchim an den Start gehen. Es wird die Mobilität generationenübergreifend auf eine ganz neue Ebene heben. Die vom Kreistag beschlossene Bus-Revolution startet zunächst als Pilotprojekt zwischen Parchim und Plau am See und soll später auf das gesamte Kreisgebiet ausgedehnt werden. Noch laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Stefan Lösel, Geschäftsführer der kreiseigenen Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim VLP verrät aber schon interessante Details, die klären, wie das System Rufbus funktioniert.
Profitieren werden zunächst 40 000 Einwohner, davon 16 000 abseits der Hauptstrecke, also der Linien 77 (Parchim – Malchow) und 735 (Meyenburg – Güstrow). Die VLP-Macher haben zunächst die 450 Haltestellen erfasst, die von den Rufbussen angefahren werden.
Gegenüber ersten Plänen gehören jetzt auch Goldberg und Dobbertin dazu. Die verschiedenen Rufbusflächen (bunte Blasen in der Grafik) bieten dann die Anbindung an Umstiegspunkte der Hauptstrecken (Parchim, Lübz, Plau am See, Ganzlin, gelbe Punkte). Der überwiegende Teil der Rufbus-Orte ist maximal 30 Minuten Fahrzeit von den Umstiegspunkten entfernt.
Ein wichtiger Aspekt: Schülerverkehr und Rufbusfläche sollen übereinstimmen. In der Schulzeit können die Fahrgäste den Schulbus nehmen. Spannend wird es zum Beispiel in den Ferien, wie das Beispiel Benzin zeigt. Die Bewohner der Gemeinde bei Lübz können derzeit außerhalb der Schulzeit ganze zwei Busverbindungen nutzen. Mit dem Rufbus sind dann künftig acht Fahrten nach Lübz möglich.
Der Rufbus hat auch einen Fahrplan für jede der sechs Zonen, fährt also nicht nach Belieben, kommt aber auch nicht automatisch, sondern nur nach Anruf. Wie läuft das System nun praktisch ab? Bleiben wir bei Benzin. Herta B. möchte von dort nach Lübz zum Einkaufen fahren, vielleicht sogar zum Arzt nach Parchim oder Plau.
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Herta B. möchte um 10 Uhr in Lübz sein. Also schaut sie sich den Fahrplan an. „Jeder Haushalt bekommt rechtzeitig den für ihn zutreffenden Rufbusfahrplan in den Briefkasten“, sagt VLP-Geschäftsführer Stefan Lösel. Auch im Internet wird es einen interaktiven Fahrplan geben. In unserem Fall sucht sich Herta B. den Bus aus, der um 9.45 Uhr Benzin anfährt. Er kommt aus Ganzlin, fährt über Retzow und Wangelin.
VLP muss wissen, dass Herta B. in Benzin zusteigen will. Deshalb ruft sie allerspätestens zwei Stunden vor der Abfahrt in der Informationszentrale an, deren Nummer sie in ihrem Briefkasten gefunden hat. Und wenn nun 12 Senioren zur selben Zeit zur Gymnastik nach Lübz mitfahren wollen? Stefan Lösel: „Dann schicken wir einen größeren Bus, wir wissen ja, wie viele Fahrgäste mitwollen.“ Auch wer mit Rollator oder Rollstuhl unterwegs ist, wird befördert. VLP schafft eigens in Parchim umgebaute VW Caddys an, die dafür gerüstet sind.
Der Rufbus hält an der dafür vorgesehenen Haltestelle im Dorf. Hier finden sich auch noch einmal alle Zubringer-Fahrzeiten und Anschlüsse in großen Schaukästen, die nach und nach anmontiertwerden. Der Service kostet nur einen Euro zum normalen Tarif dazu.
Das steht auf dem Fahrplan an der Rufbus-Haltestelle. In diesem Fall gibt es Anschlüsse nach Plau und nach Parchim. Sollte der Rufbus Verspätung haben, gibt es für den Busbereich eine Lösung. Stefan Lösel: „Wir lassen keinen stehen. Notfalls fährt der Rufbus dem Anschlussbus hinterher.“
Die Rücktour funktioniert wie die Hinfahrt nach telefonischer Anmeldung – mit einem Plus, das zeigt, wie sehr die VLP-Leute im Sinne der Fahrgäste mitdenken. „Wenn es die verkehrlichen Bedingungen zulassen, hält der Rufbus vor der Haustür“, verrät Stefan Lösel. Denn Herta B. schaffte die 500 Meter zur Haltestelle mit leeren Einkaufstüten locker, aber vollbepackt könnte es auf der Rücktour schwierig werden, die 500 Meter zurückzulegen.
Zum normalen Fahrpreis nach Tarif kommt für den Rufbus eine Servicepauschale von einem Euro dazu.
Bis zum endgültigen Start ändern sich vielleicht noch Details. Jeder Fahrgast bekommt aber für seine persönliche Rufbusfläche rechtzeitig vor dem Start die genauen Fahrmöglichkeiten und Anschlüsse zugeschickt. Auch der interaktive Liniennetzplan im Internet zeigt beim Klick auf die Haltestelle alle Daten inklusive Foto.
Ziel des neuen Angebots ist es natürlich, mehr Fahrgäste für den Öffentlichen Personennahverkehr zu gewinnen. Perspektivisch profitiert davon sogar die Bahn. Denn der Rufbus fährt den Fahrgast aus Tessenow auch zum Bahnhof Parchim, wo er vielleicht in den Zug steigt. Die Mobilität wird spürbar wachsen und damit auch der Wert von Grundstücken auf dem Land. So ist der Rufbus auch ein Ergebnis lauter Rufe – denen nach noch besseren Verkehrsangeboten. Schön, dass die VLP-Macher zugehört haben.


