
Berlinerin Ursula Beller-Wolter tauschte Großstadthektik gegen Idylle in Neu Jabel / Fast hätte sie in einem Film von Fassbinder mitgespielt
„Wilma Wilmersdorf“ – so hatte sie Rainer Werner Fassbinder immer gerufen, wenn sie in München Anfang der Achtziger mit ihrer Clique abends in dem Lieblingslokal des Regisseurs auftauchte. Ursula Beller-Wolter war damals von Berlin nach München gezogen, arbeitete dort in einer Künstleragentur. Fassbinder mochte die junge Frau mit dem Charaktergesicht und dem frechen Berliner Dialekt. Sie sollte in seinem nächsten Film „Ich bin das Glück dieser Erde“ eine tragende Rolle als Groupie von Deutsche-Welle-Sänger Joachim Witt spielen. Aber dann starb Fassbinder und der Film wurde nie gedreht. Ursula Beller-Wolter hätte sein Angebot angenommen. Einfach so. Aus Neugier, aus Lust am Leben. So wie sie vieles einfach versucht und angepackt hat. Sie arbeitete in einer Berliner Tierarztpraxis, danach als Arzthelferin, dann im Münchner Filmhaus, bei der Caritas, im Juwelier am Berliner Ku’damm. Später begleitete sie ihren ersten Mann, einen amerikanischen Orchesterdirigenten, nach Florida, lebte zwei Jahre in Washington D.C., zog mit ihm für acht Jahre nach London. Zurück in Berlin lernte sie ihren zweiten Mann kennen. Dessen Elternhaus steht in Neu Jabel und so führt sie ihr Weg nach Mecklenburg. Hier lebt sie nun schon fast 14 Jahre. Wenn Freunde aus Berlin zu Besuch kommen, schütteln die nur mit dem Kopf. Zu einsam, zu abgeschieden sei es hier. Aber die 59-Jährige liebt das Landleben mit Hund und Ponys. In ihrer Boutique in Dömitz traf sie sich mit Redakteurin Katharina Hennes und beantwortete die SVZ-Fragen zum Wochenende.
Was würden Sie schnell verändern, wenn Sie Bürgermeisterin von Dömitz wären?
Als Bürgermeister kann man ja nicht wirklich viel verändern. Ich würde mich aber auf jeden Fall um Kontakte zu den Hausbesitzern in der Altstadt bemühen und nach Wegen für bessere Mietbedingungen suchen, damit Leute ermutigt werden, hierher zu kommen.
Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Das war während meiner ersten Ausbildung zur Tierarzthelferin in Berlin.
Und wofür haben Sie es ausgegeben?
Für Möbel in meiner ersten eigenen Wohnung. Ich glaube, es war ein Couchtisch von Ikea. Ich hatte schon früh ein Faible für schöne Möbel.
Wo findet man Sie am ehesten?
Draußen in der Natur. Ich nutze dafür jede freie Minute. Entweder bin ich mit dem Hund im Wald spazieren oder draußen im Garten bei meinen zwei Ponys.
Was würden Sie gerne können?
Die Welt sicherer machen.
Was stört Sie an anderen?
Ignoranz. Ich wünsche mir, dass die Menschen öfter hinschauen und nicht weggucken.
Können Sie sich mit nur einem Wort beschreiben?
Humorvoll.
Welche Fernsehsendung verpassen Sie nie?
Krimis. Egal welche. So nach dem Motto „Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett“. Ansonsten sehe ich gern Tier- und Natursendungen. Allerdings schlafe ich da immer ein. Und: Ich gestehe, ich war Riesen-Fan von „Verbotene Liebe“ - die Serie ist ja leider abgesetzt.
Worüber haben Sie das letzte Mal herzlich gelacht?
Über meine zwei Ponys „Timmi“ und „Scotty“. Die beiden necken sich jeden Morgen. Ihnen dabei zuzusehen, macht einfach Spaß.
Wie sieht der perfekte Tag für Sie aus?
Mein Tag ist perfekt, wenn es den Menschen um mich herum gut geht. Wenn ich an dem Tag gute Neuigkeiten erfahre. Das macht mich glücklich. That makes my day.
Was bedeutet Ihnen Glück?
Ich finde, Glück ist ein Gefühl, das man tief in sich spüren kann. Das kann ein einziger Moment sein. Wenn ich im Wald auf einer Lichtung stehe, die Vögel zwitschern höre und einen Fuchs oder ein Reh entdecke, dann atme ich tief ein und empfinde Glück, das durch den ganzen Körper strömt.
Wen möchten Sie gern mal treffen?
Ach, ich habe schon einige berühmte Menschen getroffen. Die gingen immer ein und aus bei dem Juwelier, für den ich in Berlin am Ku’damm gearbeitet hatte. Ich traf da auf Mario Adorf, Carmen Nebel, Herbert Grönemeyer oder auch Schauspieler Benno Führmann, den ich richtig gern mag.
Gibt es etwas, was kaum jemand von Ihnen weiß?
Vielleicht, dass ich male. Alle Bilder, die hier bei mir im Laden hängen, habe ich selbst gemalt. Die Kunden fragen oft, wer denn der Künstler dieser Bilder sei... Mein Urgroßonkel war der bekannte Maler Adolph von Menzel. Wer weiß, vielleicht habe ich da ein bisschen was mitbekommen...
Was war Ihr schönstes Geschenk und von wem haben Sie es bekommen?
Mein Mann hat mir zum zehnten Hochzeitstag einen Ring geschenkt. Das hat micht echt gefreut, weil er sowas eigentlich nie macht. Er ist eher einer, der auch mal den Hochzeitstag vergisst.
Mit welchem Lied verbinden Sie Ihre bisher schönste Erinnerung?
Mit Songs von den Bee Gees. Ich bin mit ihnen aufgewachsen. „Massachusetts“ zum Beispiel. Das war meine Jugend.
Welchen Traum möchten Sie sich noch erfüllen?
Ein Haus am Wasser. Nur ein kleines Häuschen irgendwo am Meer. Das wär’s. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, in einer WG zu wohnen. Das habe ich früher schon immer gern gemacht. Warum nicht auch im Alter?
Was machen Sie, wenn Sie Rentner sind?
Reisen. Vielleicht mit dem Wohnmobil. Wenn ich meinen Mann dazu überreden kann. Und ich werde weiter künstlerisch tätig sein. Ich bin so ein „Quirl“. Die Leute hier sagen immer: „Beiv doch mal sitten.“ Ich kann das nicht. Ich muss immer etwas tun. Am liebsten was Kreatives. Jetzt gerade zum Beispiel baue ich zuhause Möbel aus Paletten.
Wem sollten wir diese Fragen ebenfalls stellen?
Margrit Form. Sie hat auch einen Laden in der Altstadt.