Jörg Thomas sammelt Mineralien und Edelsteine und verewigt sie mit Pastellkreide auf Papier für Sammler aus Marokko, China und den USA
Ludwigslust Urlaub in Idar-Oberstein. Mit Helm, schweren Bergschuhen und einem 5-Kilo-Hammer betritt Jörg Thomas zum ersten Mal in seinem Leben einen Steinbruch. „Wow, was war das für eine neue Welt“, erzählt er. „Ich habe mich gefühlt wie ein Kind, das zum ersten Mal Schnee sieht.“ Thomas war damals 58 Jahre alt. Bis dahin kannten ihn viele Ludwigsluster als Maler. Das mannshohe Logo an der Hauswand der Fleischerei Ockens stammt von ihm. Die schwarz-weiß-Bilder von Schloss, Schlossgarten und Alter Wache im Restaurant „Alte Feuerwache “ auch. Er malte Porträts der Enkel seiner Kollegen und die Oldtimer seiner Chefs in Hamburg.
Was viele aber bis heute nicht wissen - seit jenem Ausflug in Idar-Oberstein ist Jörg Thomas auch begeisterter Edelstein-Sammler. In den Urlaub fährt er inzwischen nur noch mit Sackkarre und Brecheisen. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, der Luxemburgerin Andrée Roth, sucht er sich Ziele in Belgien, in der Slowakei und im Erzgebirge, klopft sich dort durch Steinbrüche, immer auf der Suche nach Calciden, Amethysten, Achaten, Bergkristallen oder Rauchquarz. Was er findet, wird in Kisten verpackt und Hunderte Kilometer bis Ludwigslust transportiert. Zuhause in der Schlossstraße, beschriftet er jeden Stein mit Fundort, Fundzeit und den darin enthaltenen Mineralien. Als Jörg Thomas anfängt, die Mineralien in seinem Atelier zu malen, will ihm seine Frau zum Geburtstag eine Freude machen. Sie schreibt einen Leserbrief an die Mineralien-Fachzeitschrift „Lapis“ und legt ein Bild ihres Mannes dazu. Ihr Brief wird gedruckt, und plötzlich kennt man Jörg Thomas auch in den USA, Japan und China. „Mineraliensammler schickten mir die Fotos ihrer Edelsteine mit der Bitte sie abzumalen.“ Drei Jahre ist das jetzt her. Heute hängen Thomas’ Bilder in einem Museum in Michigan, im Foyer eines Münchner Verlages, in Ohio im Mineralienzimmer von Terry Huizing, dem bekanntesten Calcitsammler Amerikas, in Englands größtem Mineraliengeschäft „Crystal Classics“ und demnächst auch in einem 4-Sterne-Hotel in Marokko. Ende Juni wird er auf einer der weltgrößten Mineralien-Messe in Sainte-Marie-aux-Mines dreißig Bilder ausstellen und vor Ort seine Kreidetechnik präsentieren. Etwa zweihundert Stunden dauert es, bis Jörg Thomas ein Bild mit der letzten Kreideschicht vollendet. Wer ihm beim Malen zusehen möchte, kann dies jedes Wochenende in seinem Atelier in der Schlossstraße. Demnächst will Thomas hier auch Hort- und Kindergartengruppen empfangen. „Bei uns kann man nicht nur schauen, sondern auch mitmachen“, sagt er. Wer will, darf selber mit der Diamantsäge ein Lavastein-Ei durchtrennen. „Das toppt jede Kinderüberraschung.“ Denn jedes Ei, da ist sich Thomas sicher, ist innen hohl und trägt Kristalle in sich.
