Mit der „Pokémon Go“-App können Spieler weltweit kleine Monster fangen. SVZ ging in der Barockstadt auf Spurensuche
Die Sonne scheint, das Thermometer zeigt 27 Grad Celsius. Es schlägt zur Mittagsstunde, als ich mich von der Redaktion aus auf die Jagd begebe. Mein Ziel sind weder Hasen oder Rehe im Wald, noch Fische im Wasser – ich will Pokémon in den Straßen Ludwigslusts fangen.
Doch um den kleinen Monstern auch Herr zu werden, brauchen Spieler so genannte „Poké-Bälle“. Diese gibt es entweder für Echtgeld oder an „Poké-Stops“, eine Art Treffpunkt für Spieler. Das erste Ziel meiner Monsterjagd ist ein solcher „Poké-Stop“, das Ludwigsluster Schloss. Auf dem Weg dorthin laufen mir auch schon die ersten beiden Pokémon über den Weg: Taubsi, eine Art Taube, und Rattfratz, vergleichbar mit einer Ratte, warten in der Lindenstraße. Eine Gefahr geht von den „Monstern“ für den gemeinen Fußgänger oder Radfahrer nicht aus – einzig die Spieler können die Pokémon in ihrer App sehen.
Der Begriff „Pokémon“ stammt aus dem Japanischen und bedeutet „Taschenmonster“. 1996 wurde erstmals ein Videospiel mit dem entsprechenden Titel veröffentlicht. Ziel damals wie heute war und ist es, alle Pokémon zu fangen: 151 verschiedene Monster, deren Aussehen vom Drachen über Pflanzen bis hin zu Ratten und Tauben reicht, gibt es. Mussten Spieler damals noch durch eine rein virtuelle Welt auf ihrer Spielkonsole ziehen, dient heutzutage die wirkliche Welt als Schauplatz des Pokémon-Universums: Dank der Google-Maps-App, eine Karte für Smartphones, verknüpft „Pokémon Go“ reelle Karte mit virtueller Wirklichkeit. Dieses Prinzip nennt man „Augmented Reality“, zu deutsch „erweiterte Realität“.
Kaum am Schloss angekommen, treffe ich auch schon auf weitere Pokémon-„Trainer“. Wie ich sind sie auf der Suche nach allen 151 Taschenmonstern. „Ich bin mittlerweile schon über zehn Kilometer gelaufen“, erzählt einer der jungen Spieler. Und bestätigt damit das Ziel der „Pokémon Go“-Entwickler von Niantic: Junge Menschen wieder an die frische Luft und in Bewegung zu bringen. „Hier ist wieder ein Taubsi“, ruft einer der Pokémon-Spieler seinen Freunden zu. Alle starren wild in ihr Handy und versuchen, das Taschenmonster zu fangen. Auch ich zücke mein Handy und werfe virtuelle Bälle vor dem Wahrzeichen der Barockstadt.
Kritiker werfen „Pokémon Go“, die mittlerweile den Rekord für die am meisten heruntergeladene Smartphone-App aller Zeiten geknackt hat, Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen, der ADAC Ablenkung im Straßenverkehr vor. Befürworter sehen in „Pokémon Go“ mehr als nur Unterhaltung: Ohne Bewegung kommen Spieler kaum weiter, soziale Interaktion mit anderen Spielern hilft ebenfalls. Aktuell befindet sich das Spiel, das vor zwei Wochen in Deutschland veröffentlicht wurde, noch im Urzustand – weitere Inhalte sollen nach Angaben der Entwickler noch folgen.
Auf dem Rückweg in die Redaktion in der Seminarstraße lege ich noch drei bis vier kleine Pausen ein, um die „Poké-Stops“ an den bemalten Stromkästen in der Innenstadt zu besuchen. Rund eineinhalb Kilometer habe ich auf meiner Pokémon-Jagd durch Ludwigslust per pedes zurückgelegt – ein ordentlicher Wert, wie ich finde. Ob ich auch nach Feierabend auf die Suche gehe, weiß ich noch nicht. Schließlich gibt es auch noch wichtigere Aufgaben als der beste Spieler zu werden. Aber Spaß macht es schon, Pokémon zu jagen. Meine Freunde und Bekannten, sogar meine Arbeitskollegen spielen es. Sie auch?