StaLU stellte zwei Varianten zur Behebung des Defizites von 70 Zentimetern an Deichen bei Boizenburg vor. Deichneubau favorisiert
Bei der Deichschau am Mittwoch stellte das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg (StALU) unter Leitung von Amtschefin Regina Rinas seine Pläne für einen Deichneubau bei Boizenburg vor.
Bei der Herbstdeichschau 2015 war bekannt geworden, dass die Deiche vor Boizenburg auf 12 Kilometern nach dem neu errechneten Bemessungspegel von 4545 Kubikmeter Wasserdurchfluss pro Sekunde in der Elbe auf Höhe von Wittenberge zwischen 46 und 70 Zentimeter zu niedrig sind. Im Frühjahr berichtete das StALU von der Erstellung einer Defizitanalyse und einer Prioritätenliste. Danach sind die 1,5 Kilometer Hafendeich und je zwei Kilometer rechter Elbe- bzw. rechter Sudedeich vor Boizenburg die Achillesferse des Hochwasserschutzes für die Elbestadt.
Das StALU berechnet derzeit zwei Varianten, um dieses Defizit zu beseitigen. In Variante eins würden Hafen-, rechter Elbe- und Sudedeich erhöht und das Sude-Abschlusswehr müsste mit viel Geld quasi neu gebaut werden. Für die Erhöhung der Deiche würden große Flächen zur Verbreiterung der Deichkörper benötigt, für die große Ausgleichflächen gefunden werden müssten. Kosten insgesamt ca. 40-60 Millionen Euro, sagte Lothar Nordmeyer, Referent für Hochwasserschutz im Umweltministerium MV, am Mittwoch.
In der zweiten Variante würde ein neuer, knapp zwei Kilometer langer Deich zwischen dem Boizenburger Hafen entlang der Alten Boize über den Altendorfer Weg bis nach Gothmann gebaut, mit einem Stemmtor für die Sude auf Höhe von Gothmann. Das kurze Deichstück zwischen der Hafenmauer in Boizenburg hinter dem Anglerheim müsste bis zum neuen Deich dafür erhöht werden. Rechter Elbe- und Sude- sowie der Hafendeich würden erhalten bleiben, jedoch würden durch den Hafendeich Rohre verlegt, durch die bei zu hohem Pegel Elbewasser in das so neu entstehende Überflutungsgebiet von 74 Hektar abfließen könnte.
Deichbau preiswerter als Deicherhöhung
Die Kosten dafür sollen nur zehn Prozent von Variante eins betragen, da das Sude-Abschlusswehr dafür nicht umgebaut werden und auch die 1,5 Kilometer Hafendeich sowie die jeweils 2,2 Kilometer des rechten Elbe- und Sudedeiches nicht erhöht werden müssten, wie der Experte für das Projekt vor Ort, Clemens Löbnitz, darlegte.
Bürgermeister Harald Jäschke und die Stadtvertreter des Hauptausschusses nahmen Variante zwei sehr positiv auf, als das StALU ihnen das Projekt vorstellte. „Ohne diese Zustimmung hätten wir an dieser Variante nicht weiter gearbeitet“, erklärte Michael Lübke, Dezernent das StALU, bei der Deichschau. „Wenn sich alle Beteiligten für Variante zwei und den Deichneubau entscheiden, müssen wir erst Bauplanrecht schaffen und das heißt, mit einem Baubeginn kann man realistischerweise nicht vor 2019 rechnen“, erfuhren die zahlreichen Besucher aus den verschiedensten Institutionen bei der Deichschau weiter. Der Bau selbst würde ungefähr ein Jahr dauern.
Im Zusammenhang mit der Behebung der Defizite im Hochwasserschutz für die Region Boizenburg stehen auch die Sanierung der Thielschen Schleuse in der Sude bei Vorderhagen. Das Industriedenkmal von 1796 wirkt sich durch sogenannte „Umläufigkeiten“ - das ungehinderte Vorbei- und Durchfließen von Wasser - wie ein Loch im Deich aus, erläuterte Michael Lübke. Mit der denkmalgerechten Sanierung, durch die danach gar kein Wasser mehr durch das Bauwerk fließen soll, wurde bereits begonnen, sie soll bis zum Jahresende abgeschlossen sein.
Die Sanierung des Schöpfwerkes Gothmann ist ebenfalls notwendig, sie wird im nächsten Jahr erfolgen.
Status quo für Vorlandmanagement
Ob das nächste Hochwasser lange genug wartet, ist die große Frage. Rein statistisch gesehen stände schon längst wieder eines an. 2016 hatte die Elbe jedoch mit einem historischen Niedrigwasser zu kämpfen, der Sommerpegel war der zweitniedrigste seit 80 Jahren.
Trotzdem mahnte Oberstleutnant Christian Rosenkranz, Verbindungsoffizier zwischen dem Landkreis Ludwigslust-Parchim und der Bundeswehr, einen Hochwasserabwehrplan des Landkreises an, der immer noch nicht vorläge. Er verstünde auch nach wie vor nicht, warum nicht konsequent das Vorland entbuscht werde.
Dazu verwiesen die StALU-Mitarbeiter auf die Modellrechnungen, nach denen z.B. die Entbuschung bei Boizenburg den Pegel nur zwei bis drei Zentimeter senken würde. Trotzdem werde weiter an der Festlegung eines Status quo gearbeitet, der die nächsten Jahrzehnte erhalten werden soll. Die entsprechenden Gebiete wurden nun kartiert, um die Entwicklung des Bewuchses zwischen 1975 und 2016 beurteilen zu können. Am 20. Oktober gibt es dazu ein Treffen mit dem Biosphärenreservat Elbe.
