Herbert Wilhelm ist zwar seit einigen Jahren Ruheständler, aber die Beschäftigung mit Literatur, Musik und Kunst ruht keinen einzigen Tag
Literatur und bildende Kunst, damit hat sich Herbert Wilhelm sein ganzes Leben lang beschäftigt, erst im Studium in Leipzig, dann als Lehrer in Neuhaus und Fachbereichsleiter für Kunsterziehung und jetzt als Rentner sowieso. Im Jahr 1942 wurde er in Tharau in Ostpreußen geboren. Fünf Jahre später wurde die Familie vertrieben und landete in Merseburg. Hier machte Herbert Wilhelm sein Abitur und nahm dann in Leipzig das Lehrerstudium für Kunsterziehung und Deutsch auf. Seinen Beruf hat er immer geliebt und auch als Rentner zusammen mit seiner Frau Ingrid noch Kunst- und Theaterprojekte in der Grundschule durchgeführt. Zahlreiche Kulturveranstaltungen in der Sückauer Kirche gehen auf sein Engagement zurück. Und dass der Barockmusiker mit Wurzeln in Neuhaus, Johann Gottfried Müthel, jetzt wieder mehr im Bewusstsein der Menschen ist, ist auch ihm zu verdanken. Wilhelm forschte zu Müthel und bereiste dessen Wirkungsstätten. Das schon weit gediehene Projekt einer „Müthel-Woche“ kam aus finanziellen Gründen leider nicht zu Stande. SVZ-Mitarbeiterin Maria Nielsen stellte die Fragen zum Wochenende.
Wo ist Ihr Lieblingsplatz?
Auf der Gartenterrasse. Meine Schwiegermutter nannte uns die „Luftschnapper“. Wir beobachten die Vögel, trinken bei Sonnenschein auch mal im Januar draußen Kaffee.
Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Als Schüler mit 17 habe ich am Wochenende in der Papierfabrik in Merseburg gearbeitet
Und wofür haben Sie es ausgegeben?
Für einen Plattenspieler und Schallplatten.
Wo findet man Sie am ehesten?
Im Garten, im Gewächshaus und am Schreibtisch.
Was stört Sie an anderen?
Selbstgerechtigkeit, Überheblichkeit, eine starre, unreflektierte Meinung.
Wer ist Ihr persönlicher Held?
Ich habe gleich zwei: als Frau Bettina Brentano/Bettina von Arnim. Sie war romantisch in ihren Gedanken, in Schrift und Tat, politisch engagiert in ihrer Kritik an der preußischen Politik, sozial engagiert gegen Hunger und Verbreitung von Seuchen, sie setzte sich ein für die Gleichberechtigung von Frauen und Juden, und hat sieben Kinder bekommen. Als Mann ist für mich Kurt Masur ein persönlicher Held. Er war ein Dirigent von Weltbedeutung und blieb äußerst bescheiden. Ich hab ihn in Ahrenshoop in der Schlange vor dem Frühstücksbuffet warten sehen. Er hat sich auch gegen ein Blutvergießen in Leipzig am 9. Oktober ’89 eingesetzt.
Was würden Sie gern noch können?
Ein Musikinstrument spielen, meine Eltern hatten damals kein Geld für Unterricht.
Worüber können Sie herzlich lachen?
Immer wieder über die Jodelschule von Loriot.
Was findet man immer in Ihrem Kühlschrank?
Obst, Gemüse Räucherfisch und Ziegenkäse
Wenn Sie kochen oder essen gehen, welche Küche bevorzugen Sie?
Vor allem chinesische, italienische und spanische Küche, Königsberger Klops.
Welches Buch lesen Sie gerade?
Ich lese gerade in einem Buch, nicht kontinuierlich Seite für Seite, weil ich mitunter anderes zum Vergleich heranziehe, also in einem Buch über Paula Modersohn-Becker und Maria Rilke. Sobald es möglich war, besuchten meine Frau und ich Worpswede, vor allem der Kunst Paula Modersohn-Beckers wegen.
Was haben Sie zuletzt Unvernünftiges getan?
Meine eigenen Kräfte überschätzt und „den Hof mit Müh’ und Not erreicht“.
Welchen Traum wollen Sie sich noch erfüllen?
Eine Reise nach Memel, an die ostpreußische Küste und nach Königsberg
Welches Musik lieben Sie?
Klassische Musik und besonders die Lieder Schuberts, vor allem die Winterreise und das Ännchen von Tharau. In der Tharauer Kirche bin ich getauft worden. Vor einigen Jahren haben wir sie besucht.
Welche Fernsehsendung sehen Sie immer?
Im ZDF Frontal 21, die sind informativ und kritisch.
Was würden sie gerne ändern?
Das Schulsystem: auf Lehrerbildung und Lehrerweiterbildung müsste mehr Wert gelegt werden, auch auf ein gutes Lehrer-Schüler-Verhältnis. In Projekten lernen Schüler und Lehrer gemeinsam dazu, mitunter besser als nach Lehrplan.
Wen würden Sie gerne treffen?
Den Dalai Lama. Als Religionsführer sagt er, Religion sei nicht so wichtig, wichtiger sei die Ethik. Das finde ich erstaunlich, aber verständlich, bei der Bedeutung von Religion für Kriege in Geschichte und Gegenwart. Es geht dem Dalai Lama um Menschlichkeit, frei nach Immanuel Kant „Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem andren zu“.
Wem sollen wir diese Fragen ebenfalls stellen?
Dem Pastor im Ruhestand, Bernhard Ullrich, der ist ein überzeugender Prediger, politisch und kulturell engagiert.