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Konau Die Schätze von der Elbe

Von NIEN | 22.07.2016, 12:00 Uhr

Viele nehmen sie kaum mehr wahr, andere kümmern sich rührend um die Obstbaumalleen im Amt Neuhaus. Verein sucht mehr Helfer

Die Neuhauser haben Schätze vor ihrer Tür. Schätze, die „wie blöd“ wachsen an der Elbe. 30 verschiedene Sorten, 9500 Stück, Alte und Neue, an Straßen und auf Wiesen. Doch lange hat sie niemand als solche wahrgenommen. Bis 2014. „Wir wollen die Leute vor Ort wieder dafür begeistern“, sagt Dieter Schröder. Sie sollen erkennen, welche Schätze da vor ihren Augen stehen.

Der Natur- und Landschaftspfleger vom Verein Konau 11 spricht von den Obstbäumen an Gemeinde-, Kreisstraßen, Wirtschaftswegen und auf Streuobstwiesen wie von einem Goldschatz. 3500 seien in den letzten Jahren neu gepflanzt worden. Dazu kommen 6000 Altbäume. Das Problem: Seit 20 Jahren kümmere sich niemand um die Bäume. Keine Pflege, kein Beschnitt. Stattdessen „Wildwest-Ernte“ am Straßenrand. Seit Vereinsgründung konnte das Phänomen zwar eingedämmt werden. Denn 22 Obstbaumwarte kümmern sich seitdem zusammen mit dem Verein um 2800 Bäume in der Region. Doch es sollen noch mehr werden.

Und potenzielle neue „Paten“ für die Alleen tun nicht nur etwas „für den Erhalt der Artenvielfalt“, erklärt Klaus-Dieter Stenzel seine Motivation, den Verein zu unterstützen. Durch die Pflege würden Bäume wesentlich länger halten. Er spricht sogar vom Einsatz fürs Kulturgut Apfel. Für ihn habe die Arbeit aber auch etwas Meditatives, mitten in der Natur, im menschenleeren Landstrich. „Morgens sieht man wilde Tiere, Gänse ziehen durchs Gebiet – das ist das Tolle daran“, sagt Klaus-Dieter Stenzel. Und er habe vieles gelernt, sehe Bäume mittlerweile mit ganz anderen Augen.

Auch Baumwart Jens Philippi schwärmt von seinem „Nebenjob“. Zusammen mit seinem Partner Dennis Haug ist er damals auf der Suche nach einem schönen Fleckchen zum Leben. Im Amt Neuhaus sei ihnen sofort „dieser wunderschöne Frühling und der genussvolle Herbst“ mit den Obstbaumalleen aufgefallen. „Das haben wir sonst so nirgends erlebt. Er will dieses Landschafts- und Kulturgut pflegen – das steht für ihn nach dem Umzug vor zwei Jahren in den kleinen Ort Konau schnell fest. Jetzt ist er „intensiv“ ausgebildeter Baumwart, hat seine eigene Allee, pflegt sie, erntet ihre Früchte und macht Saft daraus. „Wie früher“, sagt Jens Philippi, „da gab es auch in jeder Gemeinde Baumwarte.“

Im Schnitt kümmert sich jeder der 22 Obstbaumwarte um 40 Bäume. Das könne sich jeder aussuchen, sagt Dieter Schröder vom Verein. Schilder an den Alleen besiegeln die Patenschaft auch nach außen. Damit soll die „Wildwest-Ernte“ eingeschränkt werden, so der Naturpfleger.

Die Alleen alleine zu pflegen, sei nicht zu schaffen. Mit möglichst vielen Helfern will der Verein die Jungbäume weiter so „geschickt“ ausbauen, dass sie künftig leicht zu pflegen und zu ernten sind.

Solch einen Einsatz lobt Pomologe Hermann Stolberg. „Das ist total wichtig. Ohne das Engagement privater Menschen, wäre der Erhalt von alten Sorten nicht möglich.“ Konau 11 setzt sich für die biologische Vielfalt an Alleen und auf Streuobstwiesen ein. „Das geht aber auch in den privaten Bereich rein“, sagt Cornelia Bretz vom Verein. Seminare wie das mit Hermann Stolberg würden altes Wissen wieder reaktivieren. Und durch Themenabende wie Apfelverjüngung, -veredelung oder Sortenbestimmung würden die Menschen wieder für Ursprüngliches sensibilisiert – und Schätze aus alten Gärten neu entdeckt.

Wer sich für die Ausbildung zum Obstbaumwart im Amt Neuhaus interessiert, meldet sich im Verein Konau 11 unter Tel: 0151-56709605. Dort gibt es auch weitere Informationen.