Augen auf beim Grundstückskauf: Randstücke können teurer, müssen aber nicht immer auch attraktiver bleiben. Was lief schief beim Kauf eines Randgrundstücks im Neubaugebiet Inselseeblick?
Nicht nur ausschließlich pures Familienglück produziert das neue Wohngebiet am Güstrower Pfahlweg. Getrübt sieht Ulrike Hemp ihre Freude über den baldigen Einzug ins neue Heim durch einen Antrag zur Stadtvertretersitzung am Donnerstag. Der CDU-Abgeordnete Heiko Karmoll möchte gerne die Verwaltung mit einem Prüfauftrag bedenken. Ziel ist die Bereitstellung weiteren Baulandes im sogenannten Flurstück 51/1 der Flur 49. Besagtes schließt sich direkt an das gerade entstehende Baugebiet an und würde ein kleines Stück weiter am Stadtrand Richtung Bauhof wachsen.
Genau hier aber baut neben Anderen Ulrike Hemp. „Seit fünf Jahren hatten wir nach einem Baugrundstück gesucht. Wir wollten gerne in Güstrow bleiben und finden es toll, dass jetzt endlich Grundstücke bereit gestellt werden“, berichtet sie. Für das in Aussicht gestellte Randstück hatten sie auch gerne mehr bezahlt – wegen der Aussicht und weniger Nachbarn. Sollte jetzt das Wohngebiet erweitert werden und sie ihr Häuschen bald schon mittendrin hätten, da fühlte sie sich übers Ohr gehauen. Die Frage wäre: Von wem?
Bei einem Blick in den aktuellen Flächennutzungsplan der Stadt ist erkennbar: Eine Fläche „westlich“ des neuen Baugebietes ist als Grünfläche ausgewiesen. Der Sportplatz, der einst hier für die Schule entstehen sollte, war mit den Jahren „kleiner“ geworden und fügte sich direkt neben die Sporthalle ein. Damit wäre die Fläche frei und auch bebaubar – mit einigen Wenns. „Einer Erschließung des Grundstücks müsste ein komplettes Planverfahren vorausgehen“, erklärt Regine Schneider, Abteilungsleiterin Stadtplanung im Rathaus. Heißt: Bevor ein Bebauungsplan aufgestellt wird, müsste zunächst einmal der Flächennutzungsplan geändert werden. Dem müssten jedoch sehr intensive Untersuchungen vorausgehen. In diesem Verfahren stünde jedem Bürger die Möglichkeit zu, seine Bedenken und Vorschläge einzubringen. Sämtliche Einwände unterliegen dann einer Abwägung aller öffentlichen und privaten Interessen. Ob am Ende gebaut werden kann oder nicht, wäre letztlich auch eine politische Entscheidung.
Makler: Alle wussten, was passieren kann
Noch ist das alles Zukunftsmusik, für die am Donnerstag erst einmal ein Prüfauftrag eingebracht wird. Doch der Bebauungsplan Nummer 68, um den es hier geht und der seit 2007 gültig ist, beschreibt Tendenzen. So findet sich in der Begründung der Satz: „Zudem hält das Konzept eine Erweiterung des Plangebietes nach Westen langfristig offen.“ Handwerker vor Ort hätten Familie Hemp auch bestätigt: Ver- und Entsorgungsleitungen wären so dimensioniert, dass weitergebaut werden könnte. Wer den bemerkenswerten Satz vielleicht überlesen oder für unwichtig erachtet hatte, hätte in der Planzeichnung für das aktuelle Baugebiet Pfahlweg stutzig werden müssen: Zwei Straßen enden da im Westen abrupt im Nichts. Das deutet nicht gerade darauf hin, dass hier nichts mehr gebaut werden soll. Die Frage lautet eigentlich nur: Wann?
Und warum hat Familie Hemp nun mehr bezahlt? „Weil es ein Randstück ist“, sagt Lars Ehlers, der im Auftrag des privaten Erschließungsträgers um die Vermarktung am Pfahlweg besorgt. Ehlers sagt auch: „Alle wussten von vornherein, dass die Bebauung irgendwann weitergehen kann. Einige haben sich deshalb bewusst doch für ein Mittelstück entschieden. Dass das jetzt so schnell geht, konnte damals keiner ahnen.“
Wie die Geschichte am Pfahlweg ausgeht, ist also derzeit völlig offen. Ihre Moral gilt dennoch schon: Augen auf beim Grundstückskauf!