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Reisetrend Slow Travel Genuss statt Eile: Wieso wir langsamer reisen sollten

Von Sina Wilke | 10.06.2023, 13:17 Uhr

Sehenswürdigkeit abhaken und los zur nächsten? Lieber nicht, sagt Autorin Elke Weiler. Im Interview erklärt sie, warum Slow Travel mit dem Fahrrad besonders gut funktioniert und wie man erkennt, dass Reisen für jemanden Statussymbol ist.

Elke Weiler (56), ist Reisebuch- und Romanautorin aus Tetenbüll auf Eiderstedt (Kreis Nordfriesland). Im Interview spricht sie über das Unterwegssein als Muße.

Frau Weiler, warum reisen Sie gerne langsam?

Ich muss zugeben, dass ich als Reisejournalistin und Bloggerin lange Zeit gar nicht langsam unterwegs war. Während der Pandemie habe ich aber beschlossen, mich von dem beruflichen Reisen größtenteils zu verabschieden, und seitdem reise ich mit Muße, Neugier und Interesse.

Das müssen Sie näher erklären. Was ist Slow Travel genau?

Langsames Reisen ist genussvolles Reisen. Das heißt, dass man die kleinen Erlebnisse am Rande wahrnimmt. Man nimmt sich Zeit, muss nicht alles durchplanen, fährt vielleicht mit einer ungefähren Richtung los und hält unterwegs, wenn man etwas Schönes sieht. Der Slow Traveler versucht offen zu sein für seine Umgebung, tritt mit Einheimischen in Kontakt, stellt sich auf den Landstrich ein, in dem er ist – in Schleswig-Holstein sagt er „Moin“. Er meidet Museen nicht, überlädt seinen Tag aber auch nicht mit Sightseeing. Ich werde als Reisejournalistin oft gefragt, welche Plätze ich empfehle. Aber am schönsten ist es doch, wenn man vor Ort die Dinge einfach passieren lässt.

Aber angenommen, man fährt zum ersten Mal nach Paris: Dann hat man doch eine lange Liste, die man abhaken möchte.

Paris ist eine wunderschöne Stadt und ich kann verstehen, wenn man möglichst viel davon sehen möchte. Aber ich denke, man sollte sich von dem Druck lösen und es lieber auf sich zukommen lassen. Schnell auf den Eiffelturm, schnell in den Louvre… das verändert uns nicht. Leider ist Reisen oft eine Art Statussymbol geworden.

Inwiefern?

Es gibt zwei verschiedene Arten, von seiner Reise zu erzählen: Einige sagen: „Ich war am Wochenende in Lissabon“ und wollen damit sagen: Ich bin dort gewesen! Wenn mir aber jemand erzählt, dass er in Lissabon war und dort einem interessanten Menschen begegnet ist oder ein schönes Gemälde gesehen hat, das ihn berührt hat, bin ich inspiriert und rede gern mit.

Für viele Menschen ist wichtig, dass ein Ort fotogen ist. Manche Ziele wie die Lavendelfelder in der Provence oder das österreichische Hallstatt sind überlaufen, weil Influencer sie bei Instagram gepostet haben. Ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte?

Ja, und ich mag diese vorgefertigten Motive nicht. Einige Tourismusbehörden stellen sogar goldene Rahmen in die Landschaft und sagen: Von hier aus ist es besonders schön. Aber das ist total langweilig, weil man doch selbst entdecken möchte!

Wie reist man langsam in Schleswig-Holstein?

In Schleswig-Holstein ist langsames Reisen nicht schwer, denn es hat eine größtenteils ländliche Struktur und die Meere, was schon per se Ruhe und Entspannung garantiert. Ich habe das Gefühl, dass viele Gäste hier eher slow eingestellt sind. Es sind hier auch sehr viele Menschen mit dem Rad unterwegs, und langsames Reisen geht zu Fuß, mit dem Zug, Bus oder Fahrrad besser als im Auto. Es ist nur schade, dass es hier auf dem Land oft nicht die Möglichkeiten gibt, mit den Öffentlichen irgendwo hinzukommen und viele Radwege nicht gut ausgebaut sind. Das ist dann natürlich nicht so ein toller Genuss, wenn man auf der Hauptstraße fahren muss und jemand mit 100 Sachen an einem vorbeirauscht.

Lesen Sie hier fünf Tipps für langsames Reisen in Schleswig-Holstein.

Elke Weiler: Slow Travel. Unterwegs in Schleswig-Holstein. Ellert & Richter Verlag 2023, ISBN 978-3831908356

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