Ein Angebot des medienhaus nord

Spielzeug im Wandel Vom Steckenpferd zum Smartphone

Von Christian Satorius | 18.12.2016, 05:00 Uhr

Zinnsoldaten unterm Weihnachtsbaum? Lange her! Vom Wandel des Spielzeugs:

Der gute alte Teddybär ist einer der wenigen Überlebenden. Sein kuscheliges Plüschgesicht wird auch heute noch von Kindern geliebt – genauso wie vor 100 Jahren. Andere Weihnachtsgeschenke hatten da nicht so viel Glück. Der Spielzeugzeppelin zum Beispiel. Wer will den heute schon noch haben?

Dafür ist die klassische Puppe noch da. Die ersten puppenähnlichen Gebilde aus Ton werden bis in die jüngere Steinzeit zurückdatiert; sie fanden sich auch im alten Ägypten und in der griechisch-römischen Antike. Dem damaligen Rollenverständnis entsprechend konnten sich die kleinen Mädchen mit den Puppen auf das Erwachsenendasein als Hausfrau und Mutter vorbereiten, während sich die Jungen mit Holzschwertern auf ein Leben im Militärdienst einstimmten. Zudem gab es Bälle, Murmeln, Jo-Jos oder Holztiere zum Hinterherziehen.

Diese frühen Spielsachen bestanden vor allem Holz und Ton, aber auch bearbeiteten Knochen. Im Mittelalter waren Ritter und Ritterspiele angesagt, und damit das Steckenpferd. Ein nachempfundener Pferdekopf mit einem Holzstiel daran, das Ganze zwischen die Beine geklemmt – fertig. Überhaupt wurden Spielsachen früher vor allem selbst gebastelt. Geschnitzte Marionetten und selbstgeschneiderte Handpuppen gab es zwar auch schon im Mittelalter, richtig ausgefeilt wurden sie aber erst in der Neuzeit. Zudem wurden Kinderbücher, Baukästen und Bastelbögen, aber auch Schaukelpferd, Federballspiel, die Kasperlefigur und der Hampelmann.

Mit der Industrialisierung und der Massenproduktion in den neuen Spielzeugfabriken wurden Spielsachen günstiger, verloren aber auch an Individualität. Metall löste immer öfter die anderen Materialien ab. Im ausgehenden 18. Jahrhundert waren Zinnsoldaten eines der beliebtesten Spielzeuge. Im 19. Jahrhundert kamen Spieldosen und Blechspielzeuge in Mode: Hüpfende Blechfrösche, trommelnde Affen, aber auch Dampfmaschinen, Zeppeline, Dampfschiffe, Flugzeuge, Automobile und vor allem die heiß geliebte Eisenbahn. Im 20. Jahrhundert überschlug sich die Entwicklung des Spielzeugs geradezu. Gleich in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts ging es mit der Erfindung des Metallbaukastens (1901) und des Teddybären (1902/1903) los. Aber auch viele Brettspielklassiker entstanden: Halma (1883), Monopoly (1904), Mensch ärgere dich nicht (1907) und Scrabble (1931).

Nach dem Zweiten Weltkrieg hielt Plastik Einzug ins Kinderzimmer. 1959 staunte die Weltöffentlichkeit über die erste Barbiepuppe. Die Schlümpfe gefielen Jungen wie Mädchen ebenso wie die Seifenblasenlauge Pustefix. In den 1950er bis 1970er Jahren fanden sich Mondraketen und Science-Fiction-Spielzeuge, etwa batteriebetriebene Raumschiffe und Roboter, immer häufiger auf dem Wunschzettel. Außerdem wurde zunehmend mehr geballert unterm Tannenbaum. Cowboy- und Indianerspielzeuge waren „in“, ebenso wie Spielzeugpistolen und Modellpanzer. Viele Eltern sahen lieber Schlittschuhe, Rollschuhe, Roller oder später auch Skateboards, Autorenn- und Modelleisenbahnen; aber auch Hüpfball, Frisbee, Knetgummi, Puzzle, Matchboxautos oder Lego. 1972 steuerte das Rutschauto Bobby-Car geradewegs auf die Kinderherzen zu.

1974 eroberte ein weiterer Klassiker die Wunschzettel: Playmobil. Etwa zur gleichen Zeit tauchten die ersten Monchhichi-Äffchen zum Kuscheln auf. „Mein kleines Pony“ stürmte vor allem die Herzen der Mädchen ab 1982 im Galopp. Die Jungen hielten sich an die wandelbaren Transformer-Roboter oder intergalaktische He-Man-Figuren.

In den 1990er Jahren knuffelten sich die Diddl-Maus und das „intelligente Plüschtier“ Furby auf die Wunschzettel. Dort fand vor allem ab den 1980ern eine ganz neue Entwicklung statt: Technikartikel wie Spielkonsolen, MP3-Player, Computer und Handys traten in Konkurrenz zu den klassischen Spielwaren.

So müssen sich die Zinnsoldaten von einst heute längst den virtuellen Robotern geschlagen geben, und auch das gute alte Steckenpferd gibt es heutzutage eigentlich nur noch im übertragenen Sinne.