Mutter will sie nie werden. Das weiß Maja schon seit ihrer Pubertät. Die 24-jährige Frau aus Leer in Niedersachsen, die eigentlich anders heißt, erzählt von ihrem Wunsch, unfruchtbar zu sein.
Es ist eine Geschichte über Bevormundung, über Verunsicherung und über den Mut, weiter um das zu kämpfen, was einem wichtig ist. „Ich hatte nie das Bedürfnis, mich um Kinder zu kümmern. Kinder überfordern mich“, sagt Maja. Mit 14 Jahren habe sie ganz kurz als Babysitterin gearbeitet. „Als mir dann von einem Kind ein Metall-Kochtopf gegen den Kopf geschleudert wurde, hat das meine Annahme nur bestätigt: Kinder sind nichts für mich“, sagt die junge Frau.
In der Pubertät ist es nur so ein Gefühl, mit 19 wird dieses Gefühl dann zu einem festen Wunsch: Maja wäre gerne unfruchtbar. Sie beschäftigt sich zum ersten Mal mit dem Thema Sterilisation – und spricht es auch bei ihrem damaligen Gynäkologen an.
Leeranerin nach erstem Besuch beim Gynäkologen verwirrt
Dessen Reaktion verunsichert die damals 19-Jährige sehr. „Er hat mich als Allererstes gefragt, ob ich mich denn überhaupt als Frau fühle“, erzählt Maja rückblickend. „Ich saß da in einem Jeanskleid im Behandlungszimmer und habe die Frage erst gar nicht richtig verstanden.“ Dann habe sie ihrem Frauenarzt erklärt, dass sie sich zwar als Frau fühle, aber einfach keine Kinder haben möchte. „Von Sterilisation wollte der aber nichts wissen - und hat mir weiterhin die Pille empfohlen“, sagt Maja.
Die Pille nimmt Maja seit ihrer Jugend. Zufrieden ist die 24-Jährige damit aber keineswegs. „Ich musste schon mehrere durchprobieren, weil ich dadurch teilweise mit Depressionen zu tun hatte“, sagt sie. Komplett auf eine hormonelle Verhütung verzichten könne sie zurzeit aber auch nicht. Das Problem: Wenn sie nicht hormonell verhüte, sei ihr Zyklus so unregelmäßig, dass ihre Periode manchmal über Wochen gar nicht einsetze, in anderen Zyklen blute sie dafür mehrere Wochen am Stück.
Auch mit hormoneller Verhütung gehe ihre Periode meist mit sehr starken Schmerzen einher, erklärt sie. „Ich kann dann teilweise zwei bis drei Tage nicht arbeiten oder muss mich mit Schmerzmitteln vollpumpen.“ Sie sehe ihre Menstruation als große Belastung in ihrem Leben, die sie stark einschränke.
Leitlinien sehen Sterilisation erst ab 30 Jahren vor
Feste Regeln für eine Sterilisation bei Frauen gibt es nicht. Aber: „Es gibt sogenannte Leitlinien, das sind festgelegte Empfehlungen zur Orientierung bei solchen Eingriffen. Darin ist festgehalten, dass Frauen unter 30 nicht sterilisiert werden sollten“, sagt Dr. Jacek Skubis, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe am Klinikum Leer. Im Klinikum orientiere man sich in der Regel an diesen Leitlinien. Manchmal weiche er aber von diesen Empfehlungen ab. Es gebe andere Szenarien, in denen man eine Ausnahme machen könne, das seien aber alles Einzelfälle.
Für Maja steht ihre Entscheidung ganz klar fest: „Ich möchte mich sterilisieren lassen.“ Jede Frau sollte selbst entscheiden dürfen, ob sie Kinder möchte oder nicht, findet die 24-Jährige. „Ich habe von der Natur die Möglichkeit bekommen, Kinder zu kriegen. Wenn ich diese Funktion aber nie in Anspruch nehmen will, dann könnte man sie mit all den Beschwerden auch abschalten“, sagt Maja.
Im Zuge dieses Eingriffs, der bei Frauen eine Operation unter Vollnarkose notwendig macht, möchte sie auch eine Gebärmutter-Schleimhaut-Verödung durchführen lassen, um die Menstruationsbeschwerden zu lindern. „Und dann müsste ich auch nicht weiter Hormone in mich reinstopfen.“
Zwei weitere Gynäkologen wollen Maja nicht helfen
Mit Anfang 20 unternimmt Maja einen weiteren Versuch bei einer Gynäkologin. Auch die unterstützt die junge Frau nicht in ihrem Wunsch nach Unfruchtbarkeit. Im vergangenen Jahr wechselt sie dann zum dritten Mal zu einer weiteren Gynäkologin. Doch hier wird ihr ebenfalls nicht geholfen.
Laut Maja, die sich mittlerweile intensiv mit dem Thema Sterilisation befasst und auch online im Austausch mit anderen jungen Frauen steht, sind die Argumentationen der Mediziner dabei immer dieselben: „Du kannst das nicht wissen, du bist noch zu jung für diese Entscheidung“. „Aber ich bin fest davon überzeugt, dass dieser Wunsch auch mit Mitte 30 nicht kommen wird“, sagt sie. Sie fühle sich entmündigt und in ihrem Persönlichkeitsrecht eingeschränkt, erklärt die Leeranerin. „Es ist doch mein Körper. Ich sollte doch entscheiden dürfen.“
Maja recherchiert weiter, auf eigene Faust. Auch ein Punkt, den sie bemängelt: „Nirgends bekommt man Informationen dazu an die Hand, man muss sich alles selbst im Internet anlesen.“ Sie wünscht sich eine Anlaufstelle, wo man sich beraten lassen kann. „Es gibt doch zum Beispiel auch Beratungsstellen für ungewollte Schwangerschaften. Wieso wird so etwas nicht auch für Sterilisationen eingeführt?“
Maja aus Leer findet Hilfe im Internet
Auf ihrer Suche nach Informationen im Internet stößt Maja auf den Verein „Selbstbestimmt steril“, der sich für die selbstbestimmte Sterilisation von Frauen einsetzt. Auf der Homepage des Vereins gibt es beispielsweise eine Karte, auf der Gynäkologen eingezeichnet sind, die auch junge Frauen bei diesem Thema unterstützen. In dieser Karte ist im kompletten Norden kein einziges Fähnchen gesetzt, die nächstgelegene Praxis liegt in der Nähe von Bielefeld.
Maja will aber nicht aufgeben. „Ich werde mich nun an eine der Praxen auf der Karte wenden. Auch, wenn ich dafür mehrere hundert Kilometer weit fahren muss“, sagt sie, „ich werde mir diesen Wunsch erfüllen.“