Gerade noch war alles gut, und plötzlich will das Kind nicht mehr schlafen. Es hat Angst vor Monstern unterm Bett oder im Schrank. Soll man nun erklären, dass es die gar nicht gibt?
Der erste Impuls bei irrationalen Ängsten ist wohl, dem Kind zu erklären, dass es ja gar keinen Grund für diese Angst gibt. Ingo Spitczok von Brisinski vom Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie erklärt, dass dies jedoch in den seltensten Fällen von Erfolg gekrönt ist: „Sicherlich ist das der kürzeste und schnellste Weg, sich als Erwachsener dem Thema zu nähern. Aber Ängste vor Monstern sind eben irrational, und irrationale Ängste kann man nicht immer mit rationalen Argumenten überwinden.“
Wie kann man das Monster besiegen?
Daher solle man sich lieber auf die magische Gedankenwelt des Kindes einlassen und versuchen, dass das Kind selbst daran beteiligt ist, das Monster zu bekämpfen. Das bedeutet, man solle mit dem Kind gemeinsam überlegen, wie man das Monster am besten besiegen, es vertreiben oder es in ein gutes Monster umwandeln könne. Die Angst vor Monstern sollte dabei in einen spielerischen Kontext gebracht werden, der besser kontrollierbar und weniger angstbesetzt ist.
Das sicherste Mittel, damit Kinder Ängste abbauen, sei körperliche Nähe und Zuwendung der Eltern, erklärt Prof. Fabienne Becker-Stoll, Direktorin des Staatsinstituts für Frühpädagogik in München.
Ganz schwierig sei es für Kinder, wenn sie für ihre Angst beschämt oder gar ausgelacht würden. Daher solle man lieber das Kind auf den Schoß nehmen, und wenn es sich beruhigt hat, erkunden, ob es mehr über dieses Monster erzählen kann.
Angst vor Monstern oft normal
Becker-Stoll erinnert sich an einen Vater, der mit seinem Sohn die Angst vor einem alten schwarzen Schrank im Kinderzimmer bekämpfte: „Der Junge war acht Jahre alt. Der Vater hat mit diesem Jungen den Schrank komplett ausgeräumt, ihn auseinandergeschraubt, ihn zerlegt und ihn danach gemeinsam mit dem Jungen wieder aufgebaut. Danach war es vorbei mit der Angst vor dem ‚Monster‘ im Schrank.“
Prof. Hanna Christiansen, Leiterin der Klinischen Kinder- und Jugendpsychologie an der Universität Marburg, beruhigt, dass die Angst vor Monstern in einem bestimmten Entwicklungsalter normal sei. Kinder hätten zunächst Angst vor fremden Menschen, Gegenständen, lauten Geräuschen, Höhen. Bis vier Jahre kämen die vor Tieren, Dunkelheit und Alleinsein hinzu.
Im Vorschulalter machen Fantasiegestalten wie Monster und Geister Angst, genau wie Gewitter, Trennung und davor, nachts alleine zu sein. Ab dem Schulalter dominierten Ängste vor der Schule, Versagen, Bewertungen, Verletzungen, Krankheit, Tod, medizinischen Eingriffen, Katastrophen, Entführungen, Umweltereignissen und Kriegen. Manchmal, so Christiansen, führen auch das Verhalten und die Ängste der Eltern dazu, dass Kinder Angststörungen entwickelten: „Auf dem Spielplatz gibt es Eltern, die unter ihrem Kind mit ausgestreckten Armen stehen und dem Kind damit signalisieren, dass sie ihm nichts zutrauen und dass bestimmt gleich etwas schief geht.“ Wenn Ängste größer werden, bei den Kindern ein Leidensdruck herrscht und sie dadurch im Alltag eingeschränkt sind, sollten sich Eltern professionelle Hilfe suchen.