Mit dem Elektroauto verreisen – geht das auch über längere Strecken? Wo es Ladepunkte gibt, was man bei einer Panne macht und welche Punkte es noch zu beachten gibt, um entspannt in den Urlaub zu starten.
Immer mehr Leute steigen auf E-Autos um. Allein im Jahr 2021 sind in Deutschland mit 356.000 reinen Elektrofahrzeugen rund 83 Prozent mehr als im Vorjahr zugelassen worden, wie das Kraftfahrt-Bundesamt angibt. Doch was ist, wenn man damit in den Urlaub fahren möchte? Sind sie für längere Strecken überhaupt geeignet?
Die Reichweitenversprechen der Hersteller sind „in der Realität nur mit höchster Disziplin zu erreichen“, sagt Henning Busse von der Automobil-Zeitschrift „Auto, Motor und Sport“. Dennoch seien 300 Kilometer und mehr bei vielen Stromern locker drin. Für eine Reise über lange Strecke immer noch wenig. Deshalb sollte der Urlaub mit dem E-Auto gut geplant werden. Hier ein paar wichtige Tipps und Hinweise.
Ist die Reichweitenangabe der Routenplaner in E-Autos zuverlässig?
Grundsätzlich sind die integrierten Routenplaner in E-Autos zuverlässig, wie Busse sagt. Allerdings kann die Reichweite unter bestimmten Umständen schneller abnehmen als normal: „Vor allem die Fahrweise beeinflusst den Stromverbrauch, wer gern sportlicher unterwegs ist, muss mit einer geringeren Reichweite rechnen.“ Wer das beobachte, sollte den nächsten Ladestopp besser etwas früher einplanen.
Was E-Autofahrer gerade in Betracht des anstehenden Sommerurlaubs einkalkulieren sollten, ist die Benutzung der Klimaanlage. Sie kostet – genauso wie an besonders heißen Tagen die Kühlung von Batterie und Elektrokomponenten – zusätzlich Strom, wie der ADAC informiert. Die Beladung oder starker Gegenwind können sich ebenfalls auf die Reichweite auswirken, wenn auch deutlich weniger als rasantes Fahren.
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Gibt es eine Art „Reservekanister“ für E-Autos?
Einen Reservekanister wie man ihn von Verbrennerfahrzeugen kennt, gibt es für Elektrofahrzeuge nicht. „Die meisten E-Autos haben eine Art Notmodus, der noch für ein paar Kilometer reicht, wenn die Anzeige bereits bei 0 steht. Also vergleichbar mit der Reserve bei einem Verbrenner“, sagt Harald Eder von der Prüforganisation Dekra. Er empfiehlt daher, spätestens bei einer Restreichweite von 20 bis 30 Kilometern nachzuladen.
Ist es möglich, das E-Auto auch unterwegs nachzuladen?
Über die Energierückgewinnung, die sogenannte Rekuperation, ist es möglich, das E-Auto während der Fahrt ein Stück weit aufzuladen. „Hierbei wird die Bremsenergie in Strom umgewandelt und der Batterie zugeführt“, sagt Eder. Das funktioniere am effektivsten, wenn man beim E-Auto vorausschauend fährt und einen Fahrmodus mit erhöhter Rekuperation wählt, der bei vielen E-Fahrzeugen verfügbar sei. Allerdings sei die dadurch gewonnene Reichweite sehr begrenzt.

Woher weiß ich, wo Stromtankstellen auf meiner Strecke sind?
Was den Überblick über Stromtankstellen angeht, empfiehlt es sich laut Experten zweigleisig zu fahren. „Fast alle E-Autos haben onboard einen Laderoutenplaner, allerdings sind die Systeme oft lückenhaft“, sagt Busse von „Auto, Motor und Sport“. Daher rät er, zusätzlich noch Apps wie „Chargefinder“ oder „A Better Route Planner“ am Start zu haben, um eine wirklich gute Übersicht über Ladestationen entlang der Strecke zu bekommen.
Wie ist die Ladesäulen-Abdeckung im Ausland?
Wie dicht das Ladesäulen-Netz im Ausland ist, hängt stark vom jeweiligen Land ab. Dem ADAC zufolge ist die Abdeckung vor allem in Mitteleuropa gut. Hier stehen die Niederlande mit 84,4 Ladepunkten pro 100 Kilometer an der Spitze, gefolgt von der Schweiz (51), Österreich (37) und Deutschland (33).
Ein Überblick über die Ladeinfrastruktur in Europa:

Laut Henning Busse ist Deutschland aber inzwischen bei den Schnelladern mit 50 kW und mehr Spitzenreiter, weil gerade stark in den Ausbau der Schnellladeinfrastruktur investiert wird. „Hinzu kommt, dass Tesla damit begonnen hat, sein Superchargernetz für anderen Marken zu öffnen.“
Laut ADAC reichen an einer Schnellladestation im Schnitt 30 Minuten für eine Reichweite von 300 Kilometern. Der Automobilclub weist jedoch auch darauf hin, dass die Ladeleistung je nach Fahrzeugtyp variiert.
Wie wird der Autostrom im Ausland bezahlt?
Dem TÜV Nord zufolge gibt es bislang kein einheitliches Bezahlsystem im Ausland. Im Gegensatz zu deutschen Ladesäulen könne man im Ausland aber häufiger direkt an der Säule mit einer EC- oder Kreditkarte bezahlen, informiert die Prüforganisation auf ihrer Internetseite.
Wer Ladekartenschlüssel von größeren Roaming-Anbietern wie Shell, Maingau oder Plugsurfing nutzt, hat gute Chancen, dass er den Strom günstiger als über das direkte Bezahlen an der Säule tanken kann.
Was, wenn dem Auto doch mal der Strom ausgeht?
Sollte man es nicht bis zur nächsten Ladestation geschafft haben und das Auto stehen bleibt, muss es abgeschleppt werden. Aber nicht am Haken, wie Eder von der Dekra warnt: Da bei einem E-Auto die Räder starr mit dem Motor verbunden seien, würde der sich drehen und Strom erzeugen, wenn das Auto ganz klassisch mit Seil oder Stange abgeschleppt wird. „Dieser Strom jedoch könnte nicht abfließen und somit Schäden am Fahrzeug verursachen“, erklärt er.
Daher könne ein E-Auto nur Huckepack, also auf einem Plateau-Abschleppwagen mitgenommen werden. Wer den Pannenhelfer ruft, sollte daher immer darüber informieren, dass es sich um einen Stromer handelt.
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Gibt es noch andere Möglichkeiten der Pannenhilfe für E-Autos?
Es gibt immer mal wieder Projekte mit mobilen Nachlademöglichkeiten. Aktuell etwa hat der ADAC im Großraum Frankfurt seine Pannenfahrzeuge mit einem sogenannten E-Booster ausgestattet, einer mobilen Batterie zum Nachladen. Damit kann ein havariertes E-Fahrzeug mit Strom für rund zehn Kilometer versorgt werden.
Im Sommer will der ADAC auswerten, wie sich die Zunahme der E-Fahrzeuge auf das Pannenaufkommen auswirkt und entscheiden, ob der E-Booster bei mehr Fahrzeugen zum Einsatz kommt.