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Dr. Rainer Dahlmeier: Pflichtteilsrecht

Der Fachanwalt für Familienrecht klärt zu Testament , Erbvertrag, Schenkung und Erbfolge auf

Dr. Rainer Dahlmeier. Foto: privat
Dr. Rainer Dahlmeier. Foto: privat

In der Praxis hört man immer wieder die Aussage der zukünftigen Erblasser: „Ich habe mein Kind X enterbt, damit bekommt Kind Y alles“. Aus Sicht der zukünftigen Erben dagegen hat man häufig die Befürchtung:

„Meine Eltern werden mich enterben, damit gehe ich vollständig leer aus“. Beide Aussagen sind falsch. Das Gesetz gibt den gesetzlichen Erben eine Mindestbeteiligung am Nachlass, den sogenannten Pflichtteil. Dies setzt voraus, dass man nach der gesetzlichen Erbfolge erbberechtigt ist. Das wichtigste in Kurzfassung zum Thema „,Pflichtteil“:

Ein Pflichtteilsanspruch besteht, wenn ein Erbrecht besteht, aber der Anspruch durch Testament oder Erbvertrag von dem Erblasser ausgeschlossen wurde.

Nicht sehr weit verbreitet ist die Kenntnis darüber, dass man auch als gesetzlich Erbberechtigter seinen Erbteil ausschlagen kann. Dann verbleibt das gesetzliche Pflichtteil-Erbe. Ein Anspruch auf einen solchen Pflicht-Erbteil können nur die Kinder des Erblassers (ggfls. Enkelkinder), seine Elternteile und sein Ehepartner bzw. eingetragener Lebenspartner geltend machen. Es ist praktisch ein Mindestanteil an dem Nachlass. Nun zur Höhe des Pflichtteils: Die Hälfte des gesetzlichen Erbteils stellt der Pflichtteil dar. Der Anspruch auf den Pflichtteil kann nur in engen Ausnahmefällen vollständig entzogen werden, wenn sich der im Grundsatz Pflichtteilsberechtigte einer schwerwiegenden Verfehlung gegenüber dem Erblasser schuldig gemacht hat.

Mit einem Testament oder mit einem Erbvertrag kann man von der gesetzlichen Erbfolge abweichen. Dazu ist natürlich niemand verpflichtet. Wenn kein letzter Wille aufgesetzt wird, bestimmt das Gesetz, wer Erbe wird und damit der Rechtsnachfolger. Nach dem Gesetz sind die Kinder Erben der ersten Ordnung und, falls keine Kinder vorhanden sind, Eltern und die Geschwister als Erben der sogenannten zweiten Ordnung. Daneben hat der Ehepartner oder der eingetragene Lebenspartner neben den Kindern und/oder Eltern und Geschwistern ein gesetzliches Erbrecht. Wenn man mit der gesetzlichen Erbfolge einverstanden ist, ist es nicht notwendig, ein Testament zu errichten.

Wenn jedoch von der gesetzlichen Erbfolge abgewichen werden soll, muss ein Testament erstellt oder ein Erbvertrag notariell beurkundet werden. Wer als Erbe eingesetzt wird, ist die alleinige Entscheidung des Erblassers. Es kann jede beliebige Person oder Institution als Berechtigter eingesetzt werden. Hier greift der Schutz des gesetzlichen Erben durch den Pflichtteilsanspruch. Besonderheiten sind zu beachten: So ist der sogenannte Pflichtteilsergänzungsanspruch anzuführen, wenn in den letzten zehn Jahren vor dem Ableben das Vermögen durch Schenkungen an Dritte vermindert wurde. Der Pflichtteilsberechtigte kann also von den Beschenkten Ersatz verlangen, wenn die Schenkung sein Pflichtteils-Erbe mindert. Das Pflichtteilerbe ist ein reiner Geldanspruch. Eine Teilhabe am Nachlass steht dem Pflichtteilsberechtigten nicht zu. Über einzelne Nachlassgegenstände kann er nicht verfügen. Es besteht nur ein Anspruch auf einen Geldbetrag, der rechnerisch dem Anteil entspricht. Wie der Erbe mit den Nachlasswerten verfährt, ist allein Sache des Erben. Ein Mitbestimmungsrecht hat der Pflichtteilserbe nicht. Zu beachten ist auch, dass der Pflichtteil in drei Jahren verjährt. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Erbfall eingetreten ist und der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis langt, dass er enterbt worden ist. Zur Berechnung der Erbe auskunftsverpflichtet.

Der Pflichtteilsberechtigte hat einen Anspruch darauf, dass der Erbe ein Verzeichnis aufstellt. Es gibt also vielfältige Fragen, die im Zusammenhang mit dem Pflichtteilsanspruch auftauchen. Es ist keinesfalls so, dass allein der testamentarische Ausschluss bzw. Ausschluss mit letztwilliger Verfügung dazu führt, dass der Pflichtteilsberechtigte keine Rechte hat.
Dr. Rainer Dahlmeier (Rechtsanwalt)