Dobrindts Kampf : Länder-Aufstand gegen Pkw-Maut
Wie der Verkehrsminister sein Projekt gegen alle Widerstände durchsetzen will
Erst einmal berichtet der Bundesverkehrsminister von seinem letzten Italien-Urlaub. Dreieinhalb Stunden nur habe die Fahrt gedauert, berichtet Alexander Dobrindt (CSU) gestern am Rednerpult im Bundestag. An der österreichischen Grenze habe er „Pickerl“ gezahlt, dann die „Brenner-Maut“, schließlich die „Autostrada“ – 64 Euro seien es insgesamt gewesen. „Ich habe das selbstverständlich und gerne bezahlt, weil ich auf guten Straßen sicher zu meinem Urlaubsort gekommen bin und wieder zurück“, so der CSU-Politiker. Mit der jetzt in Deutschland geplanten Abgabe würden erstmals „alle, die unsere Straßen nutzen“, gerecht an der Finanzierung beteiligt.
Eigentlich sind die Argumente ja ausgetauscht – auch wenn Gutachter noch über die Rechtmäßigkeit der Pkw-Maut streiten und über Dobrindts Prognose, die sich auf Netto-Einnahmen von gut 500 Millionen Euro jährlich beläuft. Nachdem die EU-Kommission grünes Licht gegeben und der Verkehrsminister seine Pläne in zwei Punkten angepasst hat – bei den Kurzzeitvignetten und bei der Kfz-Steuerentlastung für besonders schadstoffarme Fahrzeuge –, hat nun das Gesetzgebungsverfahren begonnen. Gestern im Bundestag nahm die Opposition Dobrindt unter Feuer, weil dieser „mit alternativen Fakten“ hantiere. Parallel dazu ging es im Bundesrat ebenfalls um die Maut. Die Länder proben dort noch einmal den Aufstand gegen die Pläne. 2015, als der Verkehrsminister seinen ersten Entwurf vorgelegt hatte, taten sie es auch, gaben dann allerdings klein bei. Nun pochen die Länder auf Ausnahmen für die Grenzregionen und wollen Klarheit über die Einnahmen.
Dobrindt droht allmählich die Zeit davonzulaufen. Jede weitere Verzögerung könnte dazu führen, dass die überarbeitete Pkw-Maut es nicht mehr vor der Bundestagswahl ins Bundesgesetzblatt schafft. Und, so viel ist sicher, nach dem 24. September würden die Karten in Sachen Maut ohnehin neu gemischt. Zur spannenden Frage wird nun, ob es dem Verkehrsminister in den nächsten Tagen und Wochen gelingt, eine Bundesratsmehrheit von mindestens 35 Stimmen für die Anrufung des Vermittlungsausschusses zu verhindern. Es wäre nicht zum ersten Mal, dass ein umstrittenes Vorhaben in dem Gremium kurz vor einer Wahl beerdigt würde.
Nach außen hin gibt sich Dobrindt moderat im Ton, verteidigt das Vorhaben wie eh und je. Hinter den Kulissen wächst jedoch die Anspannung. Zumal, da die SPD im Bundestag auf eine Überprüfung der Einnahmenpro-gnose des CSU-Politikers durch den Bundesfinanzminister drängt. Und Wolfgang Schäuble ist nicht gerade als Freund der Pkw-Maut bekannt.
Bereits in der nächsten Bundesratssitzung Ende März könnte es nun zum großen Showdown kommen. Dobrindt weiß, was für ihn auf dem Spiel steht. Im November beim CSU-Parteitag hatte er sich noch feiern lassen – nach dem Einlenken der EU-Kommission. In Koalitionskreisen heißt es, Dobrindt bemühe sich im Augenblick sehr intensiv um das direkte Gespräch mit Ministerpräsidenten. Dabei gehe es auch um Bundesgelder für bestimmte Verkehrsprojekte in deren Ländern. Überzeugungsarbeit mit hohem Preis? Dobrindt will am Ende nicht mit leeren Händen dastehen.

Kommentar "Unvernünftig" von Andreas Herholz |
Um sein umstrittenes Prestigeprojekt doch noch vor der Bundestagswahl durchzusetzen, wird Verkehrsminister Alexander Dobrindt jetzt mit allen Mitteln versuchen, die notwendige Mehrheit in der Länderkammer zu gewinnen. Mit vernünftiger Verkehrspolitik hat dies längst nichts mehr zu tun. Deutschlands Autofahrer zahlen über die Mineralölsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und die Mehrwertsteuer Jahr für Jahr Milliarden in die Staatskasse. Wäre der Großteil des Geldes früher in Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur geflossen, gäbe es heute nicht derart immense Probleme. Wer garantiert, dass nicht auch die Pkw-Maut ausgeweitet wird? |
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