Nach mehreren Todesfällen in der Familie suchte Mutter mit Hilfe eines Zeitungsinserats nach ihrem Sohn
Mit dem Telefon als Kommunikationsmittel lassen sich Nachrichten schnell verbreiten – gute wie schlechte. Doch was tat man vor 200 Jahren – vor allem, wenn der Aufenthaltsort des zu Benachrichtigenden unbekannt und somit auch ein Brief keine Alternative war? Vor diesem Problem stand am Jahresende 1813 in Waren eine Frau Dunkelmann. Sie fand eine Lösung und inserierte in der Zeitung „Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen“, zu dieser Zeit die auflagenstärkste und bedeutendste Zeitung neben der „Vossischen Zeitung“, in der neben der aktuellen Berichterstattung viele Annoncen aus Berlin, ganz Preußen und den angrenzenden Gebieten abgedruckt waren. Die Zeitung erschien dienstags, donnerstags und sonnabends mit je 16 Seiten Umfang.
Am 1. Januar 1814 war Folgendes zu lesen: „Der Hutmachergeselle Johann Georg Dunkelmann aus Waren in Mecklenburg gebürtig und zu Güstrow ausgelernt, wird hierdurch benachrichtigt, daß sein Vater schon vorm Jahr mit Tode abgegangen, sein Bruder aber und seine Schwester vor kurzem, nämlich am 2ten Dezember d. J. einige Stunden nach einander gestorben sind. Seine tiefgebeugte Mutter fordert ihn also dringend auf ... eiligst nach Hause zu kommen, um das Handwerk bei seiner Mutter fortzusetzen...“
In kurzer Folge hatten harte Schicksalsschläge die Hutmachersfrau Dunkelmann getroffen. Drei Angehörige hatte sie innerhalb weniger Monate auf dem Warener Friedhof bestatten lassen müssen und war nun allein. Niemand weiß, wie die Dunkelmanns zu Tode kamen und in welcher Verfassung die Zurückgebliebene war. Fest steht aber, dass sich ihre ganze Hoffnung auf Unterstützung nun auf Sohn Johann in der Ferne richtete.
Es ist wahrscheinlich, dass der Sohn nach seiner Lehre auf Wanderschaft war. Die Handwerkerregularien schrieben gemeinhin drei Jahre Wanderschaft vor, in denen der Geselle in anderen Werkstätten Erfahrungen sammeln und sich bei fremden Meistern bewähren sollte. Der Kontakt nach Hause oder gar ein Besuch bei den Eltern waren in dieser Zeit nicht üblich. Die Eltern blieben über das Schicksal bzw. den Aufenthaltsort ihres Sohnes im Ungewissen. Mecklenburger Wanderburschen erreichten sogar die Schweiz, Österreich und Italien. Nimmt man an, dass Johann Georg Dunkelmann die gleiche Profession wie sein Vater lernte, wartete also zu Hause eine eingerichtete Werkstatt auf ihn, die er nach dem Willen der Mutter fortführen sollte. Daran knüpfte sie verständlicherweise auch ihre Versorgung. 1813 lebten drei Hutmacher in Waren, die gleiche Zahl wird für 1818 überliefert.
Die Suchanzeige der Mutter wurde übrigens im Januar 1814 noch zwei weitere Male in der Zeitung abgedruckt, was nahelegt, dass der Sohn bis dahin nicht auffindbar gewesen war. Die Sorge der Mutter um den Sohn sowie die eigene Zukunft mag man sich kaum vorstellen.