
Vor dem Grundstück einer Familie taucht ein merkwürdiges Tier auf und wird zum Fall für einen Experten
Die beiden Hofhunde liefen aufgeregt am Grundstückszaun auf und ab. Der Nachbar versuchte, den Herumtreiber zu verscheuchen. Doch der kräftig gebaute Vierbeiner mit dem dichten grauen Fell vor dem Tor ließ sich nicht vertreiben. „Das war sehr komisch und auch etwas unheimlich“, erinnert sich Mandy Körmer an die merkwürdige Begegnung in der Nähe von Bützow.
Die Mutter war gerade mit ihrem Sohn von einem Arzttermin gekommen, als ihr das fremde Tier vor dem Gehöft auffiel. „Er ist größer als ein Schäferhund gewesen und er hat sich für einen Hund untypisch verhalten.“ Das Tier habe sich weder vom schimpfenden Nachbarn noch von den aufgeregten Vierbeinern hinterm Zaun stören lassen. Seelenruhig sei es am Grundstück herumgeschlichen.
Die Familie Körmer wohnt etwas abgelegen zwischen zwei Ortschaften an einer Nebenstraße. Ringsherum gibt es viel Wald und Wiese. Eine Vermutung von Mandy Körmer: Hat vielleicht ein Wolf seine schützende Deckung verlassen und ist auf eine Erkundungstour gegangen. „So einen Hund haben wir hier jedenfalls noch nie gesehen“, sagt Körmer. Mit ihrem Smartphone machte die Frau sicherheitshalber ein Foto.
Das Bild des unheimlichen Streuners schickte unsere Redaktion an den Wolfsexperten und Wildtierbiologen Norman Stier von der Technischen Universität in Dresden. Der Koordinator des Wolfsmonitorings in Mecklenburg-Vorpommern brauchte gefühlt zwei Sekunden ,um das Tier eindeutig zu identifizieren. „Das ist ein klassischer Hund“, stellt Stier fest. Vermutlich ein Wolfshund-Husky-Mix.
Doch wie kann sich Stier da so schnell so sicher sein? Es sind die Details im Gesicht. Der Vierbeiner vor Körmers Haus hat ein nahezu komplett weißes Gesicht. „Beim Wolf ist aber nur die Wangenpartie weiß“, sagt Stier. Der Augenbereich sei eher grau gefärbt. Auch Kopfform und Schnauze passten nicht zu einem Isegrim. „Das ist ein typischer Hundekopf“, sagt der Wolfs-Experte.
Die Einschätzung des Experten nimmt Mandy Körmer mit Erleichterung auf. „Das beruhigt uns“, sagt sie. Eine Wolfsgegnerin sei sie nicht – „aber ein unbekanntes Tier so dicht vor dem Hof, da haben wir schon ein bisschen Angst gehabt.“ Derzeit sorgt unter anderem eine mutmaßliche Wolfsattacke auf eine Herde Kühe in der Lübtheener Heide für Diskussionen. Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern hat angesichts des Vorfalls bereits eine neue und sachliche Debatte über den Umgang mit Wölfen gefordert.
Die Aufregung über den falschen Wolf bei Bützow legte sich schon nach 10 Minuten, als der Förster mit seinem Auto vorbeifuhr. „Da ist er dann einfach hinterher gelaufen“, erzählt Mandy Körmer. Die Familie, der Nachbar und die beiden Hofhunde hatten wieder ihre
Ruhe.