Nahe der vielbefahrenen Kadetrinne ist ein toter Zwergwal in der Ostsee entdeckt worden. Das Tier starb durch eine Schiffsschraube. Möglicherweise hatte es durch den Schiffslärm die Orientierung verloren.
In der Ostsee ist ein toter Zwergwal entdeckt worden. Das wohlgenährte Jungtier starb nach Einschätzung der Experten des Deutschen Meeresmuseums durch eine Schiffsschraube. Zwei parallele Schnitte ziehen sich über Oberkörper und Oberkiefer des Tieres. Der größere Schnitt habe eine Länge von 1,20 Meter und sei 10 bis 20 Zentimeter tief, sagte der Kurator für Meeressäuger, Michael Dähne, am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Der zweite Schnitt über dem Kiefer sei etwas kleiner, habe aber auch dort zu deutlichen Verletzungen geführt. Die parallelen scharfen Schnitte seien ein typisches Schnittmuster für Schiffsschraubenverletzungen.
Das sechs Meter lange Weibchen, das als Irrgast möglicherweise auf Suche nach Futter in die Ostsee gelangt war, sei am Mittwoch von der Besatzung einer Fähre auf der Strecke Rostock-Trelleborg nahe der Kadetrinne entdeckt worden, sagte der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes, Holger Brydda. Da das Tier ein Verkehrshindernis darstellte, wurde es vom Notschlepper „Arkona“ aufgenommen und nach Stralsund gebracht, wo es am Donnerstag seziert werden sollte. „Das war der erste tote Wal mit einer Schiffsschraubenverletzung, den die “Arkona„ aufnehmen musste“, sagte Brydda.
Dennoch kommen derartige Verletzungen bei Bartenwalen offenbar häufiger vor. „Schiffsschraubenverletzungen sind bei Nordkapern eine der Hauptgründe, warum sich deren Bestände nicht richtig erholen“, sagte Dähne. Nordkaper gehören wie die Zwergwale zu den Bartenwalen.
Über das Gehör der Zwergwale sei zwar wenig bekannt, aber vermutlich hören sie im Ultraschallbereich von 40 kHz, sagte Dähne. Mit dem hochfrequenten Schiffslärm kämen sie deshalb sehr schlecht klar.
Möglich sei, dass der Wal durch den Lärm in der Kadetrinne die Orientierung verloren habe und so in die Schraube geriet.
Der Leiter des WWF-Ostseebüros, Jochen Lamp, nannte den Tod des Zwergwals „tragisch“. Die Kadetrinne sei das Nadelöhr der Ostsee und mit 50 000 Schiffsbewegungen pro Jahr die meistbefahrene Schifffahrtsstraße. Dass es dort zu vergleichsweise wenigen Verletzungen komme, hänge nur damit zusammen, dass bis auf die Schweinswale keine weiteren Walarten in der Ostsee beheimatet seien.
Nach Angaben des WWF weisen im westlichen Mittelmeer 20 Prozent aller tot gefundenen Wale Narben auf, die auf Schiffskollisionen deuten.
Die amerikanische Meeresbehörde NOAA habe für die atlantischen US-Gewässer Maßnahmen beschlossen, um den bedrohten Nordkaper durch Tempoverringerung vor Kollisionen zu schützen.
Zuletzt war ein toter Zwergwal im Januar 2013 vor Mecklenburg-Vorpommern entdeckt worden. Das Tier war nach Angaben des Meeresmuseums offenbar verhungert. In den Gewässern vor Mecklenburg-Vorpommern kam es seit 1953 demnach zu neun registrierten Sichtungen oder Strandungen von Zwergwalen.


