Der großflächige Waldbrand in Westmecklenburg hat erste Konsequenzen für den Katastrophenschutz in Deutschland.
Als Reaktion auf den verheerenden Waldbrand auf einem früheren Truppenübungsplatz in Westmecklenburg soll Deutschland eine Task Force zur Brandbekämpfung bekommen. Dabei gehe es um die Bereitstellung von Personal und Einsatzgerät, das über die übliche Ausstattung in den Kommunen hinausgehe und im Bedarfsfall rasch zum Einsatz kommen könne. „Jedes Bundesland kann betroffen sein“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am Mittwoch in Lübtheen (Landkreis Ludwigslust-Parchim).
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Erste Priorität: Schutz von Siedlungen
Dort war Ende Juni in einem stark mit Munition belasteten Gebiet ein großflächiger Waldbrand ausgebrochen, der etwa eine Woche lang gewütet hatte. Schon in der kommenden Woche würden Vertreter von Bund und Ländern zusammenkommen, um über die konkrete Ausgestaltung der Task Force zu beraten.
Bestandteil der bundesweit tätigen Task Force sollen laut Seehofer unter anderem gepanzerte Löschfahrzeuge und auch Hubschrauber der Bundespolizei sein. Hubschrauber der Bundespolizei waren in Lübtheen neben denen der Bundeswehr maßgeblich an der Brandbekämpfung aus der Luft beteiligt. Dies war nötig, weil am Waldboden detonierende Munition die Löscharbeiten massiv einschränkte. Es galt ein Sicherheitsabstand von 1000 Metern.
Seehofer kündigte auch verstärkte Anstrengungen des Bundes an, die Munition aus betroffenen Gebieten räumen zu lassen. Erste Priorität hätten die Zonen in unmittelbarer Nähe zu Ortschaften. „Das ist im Falle eines Waldbrandes auch eine Erleichterung, Siedlungen zu schützen“, sagte Seehofer, der sich zuvor über das Brandgeschehen auf dem ehemaligen Manövergelände nahe Lübtheen informiert und mit Landes- und Kommunalpolitikern über mögliche Konsequenzen beraten hatte. Seehofer forderte die Wirtschaft auf, ihre Kapazitäten für die Suche, Bergung und Vernichtung alter Munition deutlich zu erhöhen.
Schwesig sieht den Bund in der Pflicht
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hatte ebenso wie ihr Innenminister Lorenz Caffier (CDU) deutlich gemacht, dass sie vorrangig den Bund in der Pflicht sieht, rasch für mehr Sicherheit zu sorgen. Zudem forderten beide die Schaffung einer bundesweiten Einsatzgruppe für schwere Brände, die nach Angaben Seehofers nun kommen wird. „Das ist eine gigantische Herausforderung.
Auf der einen Seite die Lage im Boden mit der Munition. Auf der anderen Seite die Brände. Das ist eine Aufgabe, die wir nur alle miteinander bewältigen können“, erklärte Seehofer.
Bei dem Brand auf dem früheren, 6200 Hektar großen Truppenübungsplatz bei Lütheen waren nach Angaben der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben 944 Hektar Wald stark geschädigt worden. Vier Ortschaften mussten vorübergehend evakuiert werden. Erst am Montag konnte nach acht Tagen intensiver Brandbekämpfung der Katastrophenalarm aufgehoben werden. Die Behörden vermuten vorsätzliche Brandstiftung und ermitteln dazu.
Wie der Leiter der Bundesforstverwaltung, Gunther Brinkmann, sagte, sind 110 000 von 600 000 Hektar Wald im Bundesbesitz mit Munition belastet. Der Bund habe zur Beräumung der Flächen insgesamt 700 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Doch fließe das Geld nur zögerlich ab. „In der Wirtschaft fehlt es an den benötigten Kapazitäten“, sagte Brinkmann. Zudem würden 60 Prozent der aktuell verfügbaren Kräfte bei der Räumung des sogenannten Bombodroms bei Wittstock in Brandenburg eingesetzt. Den Angaben der Bundeswehr zufolge hatte die Sowjetarmee dort den Einsatz der geächteten Streubomben trainiert.
Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Lübtheen haben inzwischen Mitarbeiter des Bundesforsts die Kontrollen übernommen. Mit der Nachsorge soll sichergestellt werden, dass bei einem Aufflackern das Feuer rasch bekämpft werden kann. Wie die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben als Eignerin weiter mitteilte, wurde dazu beim Bundesforstbetrieb Trave (Schleswig-Holstein) eine gesonderte Einheit gebildet. Die Forstleute erhielten Unterstützung vom Technischen Hilfswerk (THW), mit dessen Hilfe unter anderem auch die Brandschneisen fertiggestellt würden. Insgesamt seien derzeit rund 100 Personen im Einsatz. Regelmäßige Kontrollen gebe es am Boden und aus der Luft, hieß es.
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