Die Länderchefs sehen die Infrastrukturgesellschaft des Bundes kritisch
Nach der Einigung von Bund und Ländern auf die Neugestaltung der Finanzbeziehungen zeichnen sich nun schwierige Verhandlungen über die Kompensationsforderungen des Bundes ab. Vor allem der Abschied von der Planungshoheit im Fernstraßenbau fällt den Ländern schwer. Der Bund als Geldgeber will diese Aufgaben in einer Infrastrukturgesellschaft bündeln.
„Ich kann den Vorteil einer solchen Verlagerung nicht sehen. Außerdem hängen da viele Tausend Beschäftigte dran“, sagte Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) gestern zu Beginn der Ministerpräsidentenkonferenz in Rostock und bekam dafür Unterstützung mehrerer seiner Amtskollegen. „Diese Infrastrukturgesellschaft wird unsere volle Aufmerksamkeit erfordern. Doch wir werden uns an unsere Zusagen halten“, sagte Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU).
Mitte Oktober hatte der Bund nach jahrelangem zähen Ringen der Forderung der Länder nachgegeben und die ab 2020 fälligen Ausgleichszahlungen auf jährlich 9,5 Milliarden Euro aufgestockt. Im Gegenzug versprachen die Länder, in einigen Bereichen Kompetenzen an den Bund abzugeben.
Bei dem zweitägigen Treffen im Ostseebad Warnemünde sollen nun die Positionen der Länder dazu abgeglichen werden. Als Vorsitzender der Konferenz warb Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) für eine gemeinsame Linie der Länder. Dies habe sich schon beim Ringen um den Finanzausgleich bewährt.
Baden-Württemberg Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) äußerte deutliche Bedenken gegen die Pläne des Bundes. „Für die Bundesverkehrswegegesellschaft liegt noch gar kein Konzept vor. Geht es nur um Autobahnen oder auch um Bundesstraßen? Das muss der Bund erstmal sagen.“
Kritisch äußerte sich Kretschmann zudem zu den geplanten direkten Mittelzuweisungen des Bundes für Schulen. Bildung sei Ländersache. „Der Bund soll uns allgemein Geld geben. Wir wissen schon selber, wie man das in der Schulpolitik richtig einsetzt.“ Da müsse der Bund keine eigenen Programme machen, um mit seinem Geld in die Kompetenzen der Länder einzugreifen. „Investitionen kann der Bund unterstützen, aber er kann sie nicht koppeln an Bildungsinhalte“, betonte Seehofer.
In den ostdeutschen Ländern steht man nach Angaben Sellerings den Plänen des Bundes für den Ausbau der kommunalen Bildungsinfrastruktur offener gegenüber. „Die Hilfe kommt wegen der sehr niedrigen eigenen Steuereinnahmen dort sehr gelegen“, sagte er. Dem pflichtete Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) bei: „Wir wollen, dass der Bund stärker in die Zukunft, in die Kinder investiert. So sollen möglichst vergleichbare Bedingungen für alle geschaffen werden.“ Woidke warb für eine Vereinheitlichung des Schulsystems in Deutschland. „Wir haben noch zu viele unterschiedliche Regelungen.“
Bei ihrem Treffen wollen die Länder-Regierungschefs auch über die künftige Höhe des Rundfunkbeitrags beraten. Die zuständige Expertenkommission KEF hatte eine weitere Senkung um 30 Cent im Monat auf dann 17,20 Euro vom kommenden Jahr an vorgeschlagen. Sellering und sein Magdeburger Amtskollege Reiner Haseloff (CDU) sind dafür, stehen mit ihrem Votum aber weitgehend isoliert da. Die Mehrheit der Länder-Chefs plädiert dafür, lieber Rücklagen zu bilden, um für künftige Kostensteigerungen gewappnet zu sein.
Sellering: Schluss mit Ostförderung |
---|
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) sieht in der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen einen wichtigen Schritt zu gleichen Lebensverhältnissen in Deutschland. „30 Jahre nach der Deutschen Einheit muss Schluss sein mit einer Förderung des Ostens, nur weil es der Osten ist“, sagte er gestern im ZDF-„Morgenmagazin“ vor der Jahrestagung der Länderregierungschefs. Auch im Westen gebe es Hilfebedarf. Künftig müsse nach Grund gefördert werden und nicht nach Himmelsrichtung. Die Bund-Länder-Finanzen müssen neu geregelt werden, weil der jetzige Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II im Jahr 2019 auslaufen. |