Einer der Letzten seiner Zunft: Götz Weidner übernahm das Geschäft vor 40 Jahren von seinem Vater
Beim Betreten der Kürschnerei riecht es nach Leder, es ist ruhig. Götz Weidner steht an seinem Arbeitstisch und begutachtet einen schwarzen Ledermantel. „Ich verlängere ihn. Es ist der Auftrag eines Jägers, der möchte, dass auch die Knie vom Mantel gewärmt werden“, verrät der 66-Jahrige. Wenn er über sein Handwerk spricht, bilden sich um die Augen kleine Fältchen. Er beginnt zu lächeln. Götz Weidner ist einer von nur 449 Kürschnern in ganz Deutschland. Der Zentralverband des deutschen Kürschnerhandwerks meldet bundesweit 86 Mitgliedsbetriebe. Weidner selbst ist Einzelmitglied im Zentralverband, weil es keine Kürschnerinnung in MV mehr gibt.
In den vergangenen drei Jahren hat der gebürtige Dresdner zwei junge Frauen ausgebildet. Besonders Alice von Jutrzenka sei talentiert. „Sie hat viele Auszeichnungen gewonnen und tolle Stücke entworfen“, schwärmt der Kürschnermeister, der eigentlich schon Rentner ist und seinen Beruf nur noch aus Freude am Handwerk ausübt. Heute arbeitet die junge Frau in der Schneiderei an der Fritz-Reuter-Bühne. „Sie kann aber jederzeit zurückkommen“, sagt Weidner lächelnd.
Götz Weidner betreibt das von seiner Großmutter 1904 in Dresden gegründete Familienunternehmen in der dritten Generation. Er übernahm es 1977 von seinem Vater, der nach der Verstaatlichung 1972 aus Dresden nach Wismar wechselte. Seit 2006 führt er das Geschäft in Schwerin. „Einfach weil Hamburg und Berlin dichter sind – die Leute wollen nicht so weit fahren“, erklärt Weidner seinen Schritt. Aber auch aus Schwerin und Umgebung kämen Kunden zu ihm. „Ich habe mich auf Maßanfertigungen aus Leder, Lammfell und Rotfuchs spezialisiert.“ Das sei der Nachfrage geschuldet. Früher habe ein Kürschner vor allem mit Fellen gearbeitet – heute viel mit Leder. „Der Beruf hat sich eben geändert“, bekräftigt Weidner. Er müsse mit der Zeit gehen. Das Internet und die Bekleidungsindustrie in Fernost sorgen für große Konkurrenz. „Junge Leute wollen oft was Neues, was Modernes und das zu günstigen Preisen“, erläutert Weidner. Zu diesen Preisen könne er seine Ware nicht verkaufen. Die Arbeit, die Liebe zum Handwerk, die vielen Stunden in seiner Werkstatt, die Ideen und kreativen Momente und nicht zuletzt die Geschichte – aus all diesen Gründen betreibt er sein Geschäft noch heute. „Leben kann man nicht wirklich gut davon, aber es ist für mich Erfüllung“, so der 66-Jährige, der noch rund zehn Jahre arbeiten möchte. Einen Nachfolger hat er nicht. „Meine Kinder wollten beide in andere Branchen – aber vielleicht ergibt sich ja noch was“, hofft er.
Dass die Pelze und Lederwaren von Kürschnern nicht mehr so gefragt wie früher sind, sieht Götz Weidner nicht nur begründet im Tierschutz sondern auch in der veränderten Rolle der Frau. „Der Pelz war früher ein Statussymbol.“ Man hat die teuren Stücke vererbt und sei stolz gewesen. Heute sei das nicht mehr so.
Stichwort Nachhaltigkeit: Die hier verarbeiteten Felle stammen von Tieren, die sowie geschossen oder geschlachtet verarbeitet wurden. Kein Tier wurde extra für seine Bekleidung gezüchtet und getötet. Die Felle sind Abfallprodukte bereits vorhandener Kreisläufe aus der Nahrungsproduktion und weidmännischer Pflege. „Und man hat lange was davon. Einen Mantel aus Lammfell kann man 20 bis 30 Jahre tragen“, sagt der Kürschnermeister und widmet sich wieder dem Auftrag des Jägers. Er verlängert einen Reißverschluss, setzt Stoff an und legt darüber schwarzes Leder – das duftet.
Der Ausbildungsberuf |
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Die betriebswirtschaftlichen, kaufmännisch-rechtlichen sowie berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse (Teile 3 und 4) werden im Bildungs- und Technologiezentrum der Handwerkskammer Schwerin angeboten. Fachtheorie und Fachpraxis (Teile 1 und 2) können in der Frankfurter Schule für Bekleidung und Mode absolviert werden. Über die Ausbildungsmöglichkeiten und -betriebe im Land informieren die Ausbildungsberaterinnen der Handwerkskammer Schwerin unter Tel. 0385 7417-136 oder -172. |

