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Premiere AIDA Oper in opulenter Farbigkeit

Von Redaktion svz.de | 11.07.2016, 00:00 Uhr

Freiluftoper „Aida“ glänzt mit erstklassigen Solisten und bestens vorbereitetem Chor

Es war nicht das sommerliche Flair einer Landeshauptstadt, das den Besucher der Freiluft-Opernpremiere zu den diesjährigen Schlossfestspielen Schwerin empfing. Glanz lag nur auf den regennassen Straßen, ansonsten war grauer Freitagabend. Zäune grenzten das kleine Areal vor der hohen schwarzen Wand der Zuschauertribüne ein. In den Ecken zwei, drei winzige Bierzelte, in denen ein karges Catering geboten wurde.

Dann saß man auf seinem Platz, eingehüllt in Pullover und Regenponcho, und blickte auf das helle Bühnenmassiv vor dem Museumsportal. Dort würde gleich Verdis Oper „Aida“ beginnen, das Kriegsdrama zwischen Ägypten und Äthiopien, das Liebesdrama des ägyptischen Heerführers Radamès zwischen der Königstochter Amneris und der Sklavin Aida. Man hätte Schwerin und seinen nassen Abend vergessen können vor dem blassgelb strahlenden mächtigen Pyramidenstumpf, dessen hochgereckte Pfeiler mit den ionischen Säulen des Portals dahinter korrespondierten, wenn nicht auch dort Bühnenarbeiter noch die Pfützen der letzten Schauer beseitigen müssten.

Mit Beginn der Musik wird man aber doch hineingezogen in die Liebe von Radamès zu Aida. Weder er noch sonst jemand weiß, dass die Sklavin Aida die Tochter des äthiopischen Königs ist. Doch weiß er, dass er von Amneris, der Tochter des ägyptischen Königs, seines Königs, geliebt wird. Während Radamès im Felde ist, entlockt Amneris der Aida das Liebesgeheimnis, und als der Feldherr siegreich zurückkehrt, entlockt Aida ihm ein Kriegsgeheimnis gegen die Äthiopier. Dabei heimlich belauscht, wird Radamès als Verräter zum Tode verurteilt. Amneris vermag ihn nicht zu retten, Aida aber stirbt gemeinsam mit ihrem Geliebten.

Die Inszenierung von Georg Rootering entwickelt die Massenszenen der Priester, der Soldaten, der Frauen in opulenter Farbigkeit und ihre Bewegungen in interessanter Choreografie. Da treffen moderne Uniformen, antike Priestergewänder, Kleider der Zeit des 1. Weltkriegs unvermittelt aufeinander. Am Umgang der Menschen miteinander hat sich seit der Antike nicht viel geändert, abgesehen von Äußerlichkeiten, könnte Bühnen- und Kostümbildnerin Romaine Fauchère damit sagen.

Den oft langen Monologen und Dialogen fehlt es an spannungsvollen Momenten, die den Zuschauer packen können. Aufregend wirkt das visuelle Beiwerk auf den Seitenflächen der Pyramide, das vor allem Krieg und Triumphmarsch begleitet. Den König lässt der Regisseur dort nur als Video zuspielen. Ist er ein Phantom? Geht alle Macht in Wahrheit von der Priesterkaste aus?

Die Solisten sind erstklassig, alle Rollen mehrfach besetzt. Yannick-Muriel Noah sang die Aida mit faszinierend dynamischem Spektrum, das von voller Strahlkraft bis zum zartesten Piano reichte. Mit Aurore Ugolin brachte ihr Widerpart Amneris die Entwicklung von der stolzen Königstochter bis zum Zusammenbruch vor dem sterbenden Geliebten mit enormer stimmlicher Dramatik zum Ausdruck. Der Tenor Steffen Schantz hielt den Anforderungen des Radamès stand, doch ohne besondere Faszination. Kraftvoll und dramatisch hingegen agierten Ziyan Atfeh als Oberpriester und Krum Galabov als äthiopischer König.

Den groß besetzten Chor hat Chordirektor Ulrich Barthel bestens vorbereitet und gut zu einer Einheit verschmolzen. Die Mecklenburgische Staatskapelle wurde erstmalig vom 1. Kapellmeister Gregor Rot zur Premiere geführt. Wenn die elektro-akustische Wiedergabe auch unbarmherzig jede Ungenauigkeit offenlegte, so führte der dramatische Zug doch zu ergreifenden Höhepunkten samt glänzenden Aida-Trompeten auf der Bühne.

Michael Baumgartl